Weinwandern in der Südtoskana
Es berichtet für Sie unser Reiseleiter
Hans Wernhart
Weinwandern in der Südtoskana
Toskana – vor unserem inneren Auge erscheinen Bilder wunderbarer Landschaften: einsame Zypressengesäumte Strassen die auf einem Hügel vor einem grossen, alten Gutshof enden; weitläufige Weinberge, immergrüne Olivenhaine und immer wieder ein wehrhaft anmutendes, mittelalterliches Städtchen – insgesamt, eine unglaublich liebreizende, allen Sinnen schmeichelnde Landschaft. Unsere Erwartungen sind gross!
Die Anreise führte durch Gotthard Tunnel (ohne Stau!), gutes Wetter auf der Alpensüdseite. In Bellinzona verabschiedeten wir uns von unserem „Zubringer-Chauffeur“ Rolf. Hier übernahm Christoph, wie ich Österreicher – jetzt konnte nichts mehr schief gehen! Schnell vorbei an Mailand – die Mittagspause bot erstmals die wunderbare Vielfalt der italienischen Küche. Durch die Po-Ebene, Zentrum des Gemüse- und Getreideanbaus, vorbei an Parma bekannt für seinen Käse, den Schinken und für Giuseppe Verdi – den Schöpfer unvergleichlicher Opern. Sein Gefangenenchor aus Nabucco gilt seit 150 Jahren als die „heimliche Hymne Italiens“. Am Horizon den Apennin, wir fuhren Richtung Süden und passierten bald die Regionalgrenze der Toskana – wir sind fast am Ziel. Aus der Ferne konnten wir die Domkuppel und den Campanile von Florenz sehen, die eingangs beschriebenen Bilder toskanischer Landschaft wurden Wirklichkeit. Es war ein langer Tag – aber die südliche Toskana ist jede Mühe wert!
Ein angenehmes Hotel, hervorragendes Essen erwarteten uns in Chianciano Terme. Der zentral gelegene Ort war der ideale Ausgangspunkt, um die südöstliche Toskana kennenzulernen.
Wir freuten uns auf vier abwechslungsreiche Tage, auf die Kombination von mittleren Wanderungen, erlebnisreichen Stadtspaziergängen, erholsamen Cappuccino-Pausen und genussvollen Weinproben.
Im Zentrum des mittelalterlichen S. Quirico begann unsere erste Wanderung. Es ging durch den symmetrisch angelegten Renaissance Garten Horti Leoni, vorbei Olivenhainen, abgeernteten Getreidefeldern und einsamen Gutshöfen. Auf einmal tauchte das Ziel Pienza vor uns auf. Die „ideale“ Renaissance Stadt, bis ins Detail geplant im Auftrag von Papst Pius II. Dieser erste Wandertag wurde gekrönt durch eine Verkostung der lokalen Spezialität: des Pecorino! Acht verschiedene Sorten dieses köstlichen Schafskäses durften wir probieren – schwer zu sagen, welcher am besten mundete. Der milde 6 Monate lang gereifte? Der rassige mit Peperoncini gewürzte? Der 12 Monate in Heu, Wallnusslaub oder Trester gelagerte?
Verlief unsere erste Wanderung meist in der Sonne, führte die zweite Tour über weite Strecken im schattigen Wald. Immer wieder herrliche Ausblicke über die weite Landschaft, bis wir unser Ziel erreichten: Montepulciano majestätisch auf einem Hügel thronend. Enge, steil ansteigende Gassen, die zur Piazza Grande führen, dem Hauptplatz des Städtchens, eingerahmt von eindrucksvollen Paläste und dem Dom mit der unvollendeten Fassade. Nach einer kurzen Mittagspause stiegen wir in einen der tief in den Tuffsteinfels gegrabenen Weinkeller – probierten die köstlichen Weine des Ortes. So wie tags zuvor, nahmen wir auch hier gern die Gelegenheit wahr, für den heimischen Keller etwas mitzunehmen…
Der nächste Tag stand im Zeichen des Heiligen Franz von Assisi. Seine einst völlig einsam gelegene „Einsiedlerhöhle“ wurde bald zum Zentrum einer Klosteranlage, die auch heute noch von sechs Franziskanern bewohnt wird. Die einfache Kapelle und die nur sehr spärlich möblierte Zelle des Heiligen vermitteln noch heute seine friedliche Weltanschauung.
Das nahgelegene Cortona zählt zu den attraktivsten Orten der Toskana – gleichzeitig liegt es etwas abseits der viel besuchten Routen und bietet ein weitgehend authentisches Ambiente.
In der Weinkellerei Baldetti erfuhren wir viel Neues über moderne Methoden des Weinanbaus, bevor wir auf der herrlichen Terrasse köstliche Weine, Käse, Salami und Schinken probieren durften. Viel zu schnell ging die Zeit vorbei – gerne wären wir sitzen geblieben, hätten weiter Weine probiert, uns an der Aussicht erfreut, über unsere Reise geplaudert…
Letzter kultureller Höhepunkt der Reise in der Südtoskana: die Besichtigung der romanischen Abtei Sant‘ Antimo – inmitten von Wiesen, Feldern und Olivenhainen gelegen, unterhalb des Ortes Castelnuovo Abate. Vor ca. 1200 Jahren gegründet zählte es lange zu den reichsten und einflussreichsten Klöstern des Hochmittelalters. Im 15. Jh. begann sein Verfall, erst im 20. Jh. begann ein vorsichtiger Wiederaufbau. Heute wird es von Augustinermönchen bewohnt und bewirtschaftet. Jeder Besucher ist fasziniert von der mittelalterlichen Atmosphäre, wird durch stimmungsvolle gregorianische Gesänge (von CD) empfangen. Ein spirituell eindrucksvoller Besuch. Die wunderbar restaurierten romanischen Skulpturen an den Aussenfassaden und die viele hundert Jahre alten Olivenbäume vor dem Eingang komplettieren den nachhaltigen Eindruck dieses Bauwerks.
Montalcino –Ziel unserer letzten Wanderung – ist einer der bekanntesten Weinorte Italiens. Sein Brunello de Montalcino zählt zu den Besten des Landes. Wir nutzten die Gelegenheit in der Festung des Ortes einige der köstlichen Weine zu probieren – was für ein Erlebnis! Auch wenn es kurzfristig durch einen zweiminütigen leichten Regenschauer „gestört“ wurde.
Am letzten Abend im Hotel ein vielgängiges toskanisches Festmenü: abwechslungsreich, schmackhaft und (wie immer) zu viel, so dass man anschliessend an der Bar einen Verdauungsgrappa brauchte…
Der Rückreisetag begann sehr früh – Abfahrt bereist um 7 Uhr. Wir kamen schnell voran, erreichten recht früh die Alpen. Erfahren von langen Wartezeiten vor dem Gotthard Tunnel und entschlossen uns über den Pass zu fahren. Auch das ein schönes Erlebnis – vor allem weil der Regen und der Nebel an der Nordseite wie weggeblasen waren. Schon begannen wir uns von unseren Mitreisenden zu verabschieden, die Hälfte der Gäste verlies uns in Luzern – zusammen mit unserem lieben Christoph. Er hatte uns sechs Tage lang sicher und komfortabel gefahren, bei nicht immer leichten Verhältnissen, engen Strassen, schlecht parkierten Autos u.v.a.m. Danke Christoph!
Unser „Ablöse-Fahrer“ Ronny brachte uns sicher nach Zürich, Winterthur und St. Gallen – eine eindrucksvolle, wunderbare Reise ist zu Ende. Schön war’s!
Hans Wernhart