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Bloss nicht ins falsche Hotel…

In der Hotellerie verstärkt sich weltweit der Trend zur Spezialisierung. Die Konzentration vieler Hotels auf die Ansprüche einer bestimmten Gästegruppe birgt, bei allen Vorteilen, auch ein gewisses Gefahrenpotenzial. Wer zum Beispiel seine Ruhe möchte und ein Hotel für Erwachsene bucht, ist in einem Adults only-Haus garantiert nicht mit Babygeschrei konfrontiert. Man wird bei der Siesta am Pool auch nicht alle paar Minuten von Kindern mit Wasser vollgespritzt. Doch so erbaulich es sein kann, als Mittsiebziger zur jüngeren Hälfte des Publikums zu zählen: Von vielen noch älteren Gästen umgeben zu sein, erzeugt kaum neue Lebensfreude. Und wenn Supersenioren an den Büffets zu Stosszeiten auch noch härter kämpfen als Teenager, ist man ratlos. Gewöhnungsbedürftig ist ausserdem, dass am Eingang zum Restaurant die Rollatoren aufgereiht sind wie Einkaufswagen.

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Hundehotels: Nur in Begleitung eines Hundes.

Auch mit den Hotels für Singles ist es so eine Sache. Singlehotel mag im ersten Augenblick recht vielversprechend, ja gar aufregend tönen, doch die Realität ist sehr oft eine andere. Spezialisierte Hotels für Alleinreisende werden nämlich fast immer und nahezu überall mit grosser Mehrheit von übergewichtigen Männern frequentiert, die ihre Hängebäuche erfolglos zu kaschieren versuchen und die besten Tage längst hinter sich haben. Das fast völlige Ausbleiben von weiblichen Gästen treibt die verhinderten Liebesabenteurer spätestens am zweiten Tag an den Rand der Verzweiflung oder in die kollektive Depression. Und letztlich an die Bar, den bevorzugten Ort, um sich mit andern Frustrierten ins Elend zu saufen.

Weil es Hotels für Singles gibt, muss es auch Hotels für Paare geben. Gerät man als Alleinreisender oder mit Kollegen versehentlich in ein solches Haus, ist auch hier das Fiasko garantiert. Zwar wird man, wenn auch spürbar widerwillig, gerade noch so geduldet, erwünscht ist man ganz offensichtlich nicht. Früher oder später wird man auch verdächtigt, jemandem die Partnerin ausspannen zu wollen. Die damit verbundene Distanzierung und Ausgrenzung führt jene, die sich in ein Hotel für Paare verirrt haben, schnurstracks in eine ähnliche Trübsal und Verzweiflung, wie sie in Singlehotels herrscht. Jedenfalls ist die Ferienstimmung auch hier im Eimer, bevor sie überhaupt aufgekommen ist.

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Hotelentscheide können riskant sein.

Dann gibt es natürlich auch den Zusammenschluss der hundefreundlichen Hotels. In Häuser dieser Gattung sollte man sich ohne Begleitung eines Hundes niemals wagen. Auch dann nicht, wenn man Hunde mag. Denn in den hundefreundlichen Hotels gibt es von frühmorgens bis spätabends nur ein Thema: den Hund eben. Häufig geniesst er die grössere Aufmerksamkeit als der menschliche Partner. Ob das Tierchen die Anreise auch schadlos überstanden hat, ob es sich in seiner neuen Umgebung wohl und geborgen fühlt, ob das Futter vitaminreich und hochwertig genug ist – die Sorgenliste der Hundebesitzer ist in ihrer Endlosigkeit einzigartig. Darüber hinaus erfährt man, ungefragt natürlich, auch Hochinteressantes. Wann, wo und worauf der Hund besonders anfällig ist zum Beispiel. Oder wann und weshalb er zum letzten Mal von heimtückischem Durchfall befallen worden ist. Welche Allergien ihm zu schaffen machen und welche Zahnfleischentzündungen ihn schon gequält haben. Fazit nach einem einzigen Tag im hundefreundlichen Hotel: Ohne Hund kommt man hier intellektuell schnurstracks auf den Hund.

Nicht vergessen wollen wir in unserer unvollständigen Aufzählung die Kategorie der Hotels 50 plus. Hier trifft man auf bemerkenswert bunte und interessante Ansammlungen von Senioren, Supersenioren, Veteranen und Superveteranen, die enorm viel Energie dafür aufwenden, jung, sportlich, lässig und cool zu erscheinen. Je nach Wetterverhältnissen und Weltanschauung sind Gummistiefel, halbhohe Turnschuhe oder Heilandsandalen ihr bevorzugtes Schuhwerk. Und der Hauptgesprächsstoff ist, wie könnte es anders sein, die Gesundheit. Dominante Themen sind, selbst beim Dinner, neue Herzklappen, künstliche Knie- und Hüftgelenke, Prostataoperationen und die Furzorgien im Anschluss an Darmspiegelungen. Das Essen schmeckt dann jeweils saumässig.

Die Kolumne von Karl Wild

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