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Eisenbahnromantik in Rumänien mit Gisela Jähn

Bericht vom 31. Mai bis 10. Juni 2024 | Bus Nr. 1

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Eisenbahnromantik in Rumänien

Wurde ich gefragt, wohin die nächste Reise geht und die Antwort „Rumänien“ war, konnte ich bei den meisten eine gewisse Skepsis im Gesichtsausdruck erkennen. Was ist der Grund ? Die Antwort ist einfach: diese Menschen kennen Rumänien nicht. Um es vorweg zu nehmen: Rumänien ist ein wunderbares, vielfältiges, absolut lohnenswertes Reiseziel.

38 Personen wollten sich davon überzeugen und traten frühmorgens den, zugegeben, sehr weiten Weg Richtung Osten an. Der erste Reisetag führte uns komplett durch Österreich, allerdings war die erste Übernachtung bereits auf ungarischem Boden, in der grenznahen Stadt Györ. Ein etwas umständliches Verfahren (milde ausgedrückt) am Grenzübergang Nickelsdorf (AT) – Hegyeshalom (HU) verlangte gute Nerven von unserem hervorragenden Chauffeur Reini. Nein – nicht einfach wie früher Mautvignette kaufen und weiterfahren, mitnichten, x Zettel ausfüllen und das alles mit einigen Brocken ungarisch der Schreibenden und mit Händen und Füssen !

Bevor wir endgültig rumänischen Boden betreten, bzw. befahren konnten, war es unvermeidlich, einige hundert Kilometer durch Ungarn zu fahren und an der ungarisch-rumänischen Grenze nochmals viel Geduld zu beweisen. Da Rumänien nicht dem Schengen-Abkommen unterliegt, wurden sämtliche Pässe/ID’s auf‘s Sorgfältigste von beiden Grenzbeamten kontrolliert, was von unserer kostbaren Zeit abging. Endlich durften wir die Grenze in Petea passieren und trafen dort unseren einheimischen Reiseleiter Christian, der uns die nächsten 8 Tage begleiten würde. Da Rumänien in einer anderen Zeitzone als die Schweiz, Österreich und Ungarn liegt, verloren wir an diesem Tag beim Passieren der Grenze 1 Stunde, d.h. die Uhren mussten um eine Stunde vorgestellt werden.

Rumänien ist aufgeteilt in drei geographische Regionen: Moldovita, Transsilvanien (Siebenbürgen) und Walachei, zu der die Hauptstadt Bukarest gehört. Die ersten zwei haben wir besucht, die dritte wäre zu weit weg gewesen – das nächste Mal !

Je nach Region werden unterschiedliche Sprachen gesprochen, in Transsilvanien rumänisch, deutsch und ungarisch. Diese deutschsprechende Volksgruppe wird Siebenbürger Sachsen genannt, daneben gibt es u.a. auch noch die Daker, die Sekler oder die Zipser, alle mit eigenem Dialekt , die sich untereinander aber verstehen können, ähnlich unseren kantonalen Sprachunterschieden. Die heutigen Siebenbürger Sachsen haben mit dem Freistaat Sachsen nichts mehr oder nur am Rande etwas zu tun. Der Name kommt daher, dass die ersten deutschen Bergleute  im Mittelalter tatsächlich aus Sachsen kamen und später alle Einwanderer aus dem Westen, egal aus welchem Land sie kamen, quasi in einen Topf geworfen wurden, damit man sie von den Bergleuten unterscheiden konnte.

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in weiterer Volksstamm sind die Zigeuner, ja, dort dürfen sie und werden sie offiziell noch so genannt, im Gegensatz zu unserem Wort, Roma. Ursprünglich aus Indien kommend, leben sie heute sehr bescheiden, mehrheitlich unter sich in eigenen Dörfern oder abgetrennt vom Rest in einem ärmlichen Gebiet einer Stadt. Natürlich gibt es auch in Rumänien bettelnde Zigeuner aber so wie in unseren Breitengraden wird es dort nicht gehandhabt. Das Traurige ist, dass auch in der heutigen Zeit noch organisierte Banden nach Mitteleuropa zum Betteln geschleust werden, das eingenommene Geld aber nicht den Ärmsten der Armen, sondern dem Zigeunerkönig, dem sog. „Bulibascha“ zukommt. Sie verwenden dieses Geld, um sich riesige Paläste zu bauen, um so ihre Macht zu demonstrieren.

Rumänien ist ein Land, in dem es von Kirchen nur so wimmelt. Auch in der heutigen Zeit werden nach wie vor Kirchen gebaut, praktisch jedes noch so kleine Bauerndörfchen hat seine eigene Kirche, die beiden Hauptreligionen sind griechisch-katholisch und griechisch-orthodox. Die beiden Glaubensrichtungen unterscheiden sich in erster Linie dadurch, dass die katholische Kirche ein einziges Oberhaupt, den Papst in Rom, hat, die orthodoxe Kirche dagegen mehrere Oberhäupter, die sie Patriarchen nennen.

Unser erster Programmpunkt galt dem „fröhlichen Friedhof“ in Sapanta. Fröhlicher Friedhof mag etwas makaber klingen aber was wir dort zu sehen bekamen, zauberte uns, trotz des nicht ganz so fröhlichen Ortes, ein kleines Lächeln ins Gesicht. Die vorherrschende Farbe dieses Friedhofs ist blau, unzählige Kreuze mit Sprüchen versehen, die das Leben und den Umstand des Ablebens auf humorvolle Art beschreibt. Eine solche Grabstätte ist allerdings ausschliesslich den wohlhabenden Bürgern vorbehalten, da diese letzte Ruhestätte gut und gerne einige Tausend Euros kostet.

Unsere Reise hiess „Eisenbahnromantik“ und die vier Zugfahrten, die wir in den nächsten 8 Tagen erleben durften, machten diesem Namen alle Ehre und Eisenbahnfreaks kamen voll auf ihre Kosten. Es zischte, fauchte und dampfte am Bahnhof von Viseu de Sus, von wo uns die Mocăniţa Eisenbahn (dabei handelt es sich um ehemalige Wagen der WAB, der Wengern-Alpbahn und eine Lokomotive aus dem Jahre 1932) mit einem „Tempo“ von ca. 10km/h durch die unberührten Wälder der Maramures-Berge nach Paltin brachten. Dort angekommen, wurden wir mit dem Nationalgericht Rumäniens, Mici, gegrillte, saftige Hackfleischröllchen, verwöhnt.

Zum Thema Essen in Rumänien: Die Rumänen sind sehr gastfreundlich und sie zeigen uns dies mit deftigen und grosszügigen Portionen. Kleine Portionen zu bestellen – aussichtslos ! Deshalb mein Rat: Nach der Reise NICHT auf die Waage stehen !!!

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Der vierte Tag gehörte dem Besuch von zwei Klöstern, die beide zum UNESCO Weltkulturerbe gehören, „Moldivita“ und „Voronet“. In beiden Klöstern leben noch orthodoxe Nonnen, grundsätzlich sind die Klöster in Rumänien, im Gegensatz zur Schweiz, sehr stark frequentiert. Noch heutzutage werden Mädchen aus kinderreichen, armen Familien ins Kloster geschickt, sodass die Eltern zumindest dieses Kind gut versorgt wissen.

Auch die zweite und dritte Bahnfahrt waren ein herrliches Erlebnis, der Höhepunkt in Sachen abenteuerliches Eisenbahnfahrt erlebten wir allerdings bei der vierten Tour von Criscior nach Brad und zurück. Nur schon der „Bahnhof“, wenn man ihn denn so nennen will, war ein Erlebnis der besonderen Art. Überall Alteisen, alte Lokomotiven, Schrott, halbe oder ganz zerfallene Fabriken – ein riesen Tummelplatz für Bastler ! Manch einer unsere Gäste wäre wohl am liebsten dort geblieben, um zu schrauben, schweissen, hämmern oder sonstigem Handwerk nachzukommen.

Mit Rumänien verbinden viele auch den bösen Grafen Dracula. Es gab ihn wohl wirklich, den Tyrannen Vlad (Graf) Dracul, der im 15. Jahrhundert gelebt hat und als grausamer Menschenschlächter bekannt war. Das Märchen vom Grafen Dracula, der als Vampir gelebt haben soll, ist reine Erfindung. Vor allem vom irischen Schriftsteller Bram Stoker, den die Geschichte des Grafen fasziniert hat und der 1897 seinen fiktiven Roman „Dracula“ geschrieben hat. Bis heute hat sich der Hype um den blutrünstigen Halsbeisser erhalten und die Burg in Bran, die als Wohnort von Dracula gilt, wird jährlich von Tausenden Touristen besucht. Dem Vampir selbst ist allerdings nur ein einziger Raum gewidmet, in dem die fiktive Geschichte in Form von Filmen dargestellt wird.

Bevor uns Christian die Stadt Sighisoara zeigte, durften wir eine kurze Dorfrunde in Biertan, traditionell auf dem Pferdewagen erleben. Auf harten Holzbrettern sitzend, ging es holpernd durch das kleine Städtchen, bevor wir uns die spätgotische Kirchenburg aus dem 15. Jahrhundert anschauten.

Der Besuch von Brasov (deutsch Kronstadt), deren Name bis 1960, 10 Jahre lang Stalinstadt war, eine mittlerweile moderne Stadt, die es locker mit anderen europäischen Städten, was die Architektur anbelangt, aufnehmen kann, war unser Programmpunkt des nächsten Tages.

Die Hauptsehenswürdigkeit der Stadt ist die grösste gotische Kathedrale Südeuropas, die „Schwarze Kirche“. Erbaut Ende 14. bis Ende 15. Jahrhundert war es die Kirche vom Humanisten Johannes Honterus, dem „Zwingli“ Rumäniens.

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Bereits hatten wir schon mehr als die Hälfte hinter uns und es ging wieder Richtung Westen nach Sibiu und Alba Iulia, erstere Hauptstadt von Transsilvanien. Der Name der zweiten Stadt Iulia hat nichts mit dem Namen Julia zu tun, sondern stammt von den Iuliern, einem angesehenen altrömischen Patriziergeschlecht. Hauptsehenswürdigkeit von Alba Iulia ist die sternförmige

„Zitadelle Alba Carolina“, eine Befestigungsanlage, die zwischen 1715 und 1738 unter der Herrschaft von Kaiser Karl VI. erbaut wurde. Sie diente den Habsburgern als strategischer Verteidigungspunkt entlang der Militärgrenze gegen das Osmanische Reich.

Zwei erwähnenswerten Themen möchte ich noch einen kurzen Bericht widmen: Den Störchen und den bemalten Eiern. Storchennester sind uns auf der gesamten Strecke immer wieder begegnet. Kunstvoll auf Telefonmasten gebaut, schauten die Köpfchen und hungrigen Schnäbel der Jungstörche heraus. Sollten die Telefonleitungen und Elektrokabel zukünftig im Boden verschwinden, wird voraussichtlich auch dieses entzückende Naturschauspiel nach und nach wegfallen.

Ostereier aus der Bukowina (deutsch Buchenland). So heisst die Landschaft nordöstlich der Karpaten im Grenzraum zwischen Mittel-, Südost- und Osteuropa. Die südliche Hälfte gehört zu Rumänien, die nördliche Hälfte zur Ukraine. Diese Eier kunstvoll zu bemalen, ist ein traditionelles Kunsthandwerk mit langer Geschichte. Die Ostereier aus der Bukowina sind wahre Kunstwerke. Sie werden traditionell aus Enten- und Gänseeiern hergestellt und mit Wachs bemalt. Die Motive sind vielfältig und beziehen sich auf die Symbolik der christlichen Orthodoxie, den Kreislauf des Lebens, der Fruchtbarkeit und den Jahreskreis.

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Mit der Fahrt nach Hajuszoboszlo in Ungarn zur ersten Zwischenübernachtung vor der endgültigen Heimreise, endete die Rundreise in Rumänien. Unser sensationeller rumänischer Reiseleiter Christian begleitete uns noch bis zum Bahnhof, wo wir ihn schweren Herzens verabschieden mussten. Sollte eines Tages das rumänische Internet ausfallen, müsste man nur Christian fragen. Es ist ein absolut genialer, hochintelligenter Mensch, der uns in den vergangenen 8 Tagen sein Heimatland auf eine äusserst interessante, manchmal auch kritische Weise, aber nie abfällig, näher brachte. Er ist unter dem kommunistischen Regime Ceausescu‘s aufgewachsen und man konnte spüren, obwohl er sein Heimatland liebt, er doch nicht mit allen politischen Entscheidungen einverstanden ist.

Wien war die letzte Übernachtungsstation, bevor es am Folgetag wieder Richtung Heimat ging. Am späten Montagabend durften wir alle gesund und vollgepackt mit wunderbaren Erlebnissen und Eindrücken, nach Hause fahren.

Zusammen mit meinem tollen Chauffeur Reini bedanke ich mich bei allen Teilnehmern. Ich weiss, dass Ihr diese Reise mit derselben leisen Skepsis angetreten habt und in den vergangenen Tagen vom Gegenteil überzeugt wurdet und mit grosser Begeisterung zurückgekommen seid.

Es war wunderbar mit Euch !

Auf ein Wiedersehen irgendwann und irgendwo / Ne mai vedem undeva, cândva

Herzlichst

Gisela & Reini

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