Dresden & märchenhafter Spreewald mit Delia Crameri
Dresden & märchenhafter Spreewald
Wenn ich die Überschrift zu dieser Reise im Katalog von car-tours.ch lese, dann kommen mir weite Landschaften, grosse Waldgebiete, Seen und Flüsse, Geschichte, Kultur und Kunst in den Sinn. Gleichzeitig auch Tristesse, Zerstörung, Leid und Schmerz, Untergang und Wiederaufbau…ein Gebiet, das sehr viel bietet, sehr viel erlitten hat und auferstanden ist, wie Phönix aus der Asche. Vor dreissig Jahren habe ich diesen Teil Deutschlands zum ersten Mal bereits…und ich komme nicht mehr los davon. Und ich habe bei jeder Reise aufs Neue erleben dürfen, wie sich die Region entwickelt.
Am 23. – 27. Juni 2024 durfte ich wieder eine Reisegruppe mit 47 Gästen auf diese Reise begleiten. Wie bin ich glücklich über diese Aufgabe.
Anreise
Auf meinem Weg vom Hotel zum Abfahrtsort des Busses an der Meret-Oppenheim-Strasse, lächelte mir in der Bahnhofspassage ein sympathischer Mann freundlich zu und winkte mir scheu. Was für ein gelungener Tagesanfang. Ich vermutete sofort, dass der nette Herr mit uns reisen wird und tatsächlich, er stand bald neben mir und unserem Chauffeur Nicolas am Bus. Nicht nur er war schon frühzeitig da, auch die anderen in Basel zusteigenden Gäste.
In Aarau erwarteten uns die nächsten Gäste und ab Zürich war dann der Bus, bis auf einen freien Platz, besetzt. Und alle waren pünktlich und das blieb während der ganzen Reise so. Wir reisen zusammen, wir reden zusammen, wir lachen zusammen, wir essen meistens zusammen und wir nehmen aufeinander Rücksicht. So soll es sein.
Unsere erste Pause war an der Raststätte Bodensee in Hörbanz. Nicolas verliess uns. Er war sogenannter „Zubringer“. Ab der Raststätte war Franc unser Chauffeur, der uns während der ganzen Reise sicher und rücksichtsvoll fuhr und dabei immer sehr freundlich und ruhig war. Ich wusste, die Reise wird fantastisch, zumal für die ganze Reise sehr schönes, sonniges bis heisses Wetter angesagt war.
In unserem Bus ging es lustig zu und her. Ich bin immer begeistert, wie schnell sich unsere Gäste finden und angeregt plaudern, um sich kennen zu lernen. Einige sind regelmässige Gäste von car-tours.ch und wissen, worauf es bei so einer Reise ankommt.
Wir kamen sehr zügig vorwärts und waren eine Stunde vor der angegebenen Ankunft im Hotel, etwas ausserhalb von Dresden. Es war ein langer Tag und es waren spürbar alle froh, dass wir am Ziel waren und die Zimmer beziehen konnten. Ich habe während der Fahrt im Bus bemerkt, dass Fussball ein grosses Thema war. An unserem Ankunftstag spielte die Schweiz gegen Deutschland. Eine brisante Begegnung…Ein kurzes Telefonat mit dem Hotel beantwortete die Frage der Männer, ob es in der Hotelbar einen Fernseher hat. Es hatte sogar zwei! Der Abend war gerettet, bevor er angefangen hatte.
Stadtführung in Dresden, Kultur- und Kunstzentrum, Landeshauptstadt des Freistaates Sachsen
Wir konnten ausschlafen und ausgiebig das Frühstücksbuffet geniessen. Unser Programm begann um 10.00h in Dresden am Zwinger. Die Fahrt mit unserem Bus nach Dresden dauerte knapp 20 Minuten. Beim Busterminal am Zwingerteich wartete unser lokaler Stadtführer Roberto auf uns. Für den ersten Teil unserer Stadtführung durften wir im Bus sitzen bleiben. Zu gross ist die Stadt, zu viel Interessantes gibt es zu sehen, als dass man das in einem Tag zu Fuss bewältigen könnte. Mit Witz und Humor, mit Stolz und natürlich viel Wissen zeigte uns Roberto “seine“ Stadt. Vorbei an den wichtigsten und bekanntesten Sehenswürdigkeiten, am Zwinger – am Kongresszentrum – vom Theaterplatz über die Augustusbrücke – entlang dem Terrassenufer – weiter zum Hygienemuseum – zur „ gläsernen Manufaktur“, eine der drei Produktionsstätten der VW Sachsen GmbH – durch Wohnquartiere mit prächtigen alten Häusern, die dem Bombenhagel von 1945 stand hielten – an „Plattenbauten“ vorbei, die mit den Renovierten, meistens in pastelligem Farbton gehaltenen Fassaden, frisch und ansprechend aussehen – auf einer schmalen Strasse der Elbe entlang, die Sicht auf die Elbschlösser geniessend – an der Schwebebahn vorbei – das „blaue Wunder“ erleben, offiziell die Loschwitzer Brücke, die Verbindung zwischen den Stadtteilen Blasewitz und Loschwitz, eine Brücke ganz aus Stahl gebaut und in blauer Farbe angemalt – weiter zum gehobenen Wohnviertel „Weisser Hirsch“, am Rande eines üppig grünen Waldes, bekannt für seine Jugendstilvillen – dem Schloss Albrechtsberg am rechten Elbufer – zum Waldschlösschen im Stadtteil Radeberger Vorstadt – dann ein spezieller Halt für unseren Bus: beim „schönsten Milchladen der Welt“, der Pfunds Molkerei, ausgekachelt mit handbemalten Fliesen von Villeroy und Boch, alle noch Original, eine Theke mit 120 Käsesorten, probieren, degustieren, schauen und staunen…den Senfladen gleich neben der Molkerei besuchen, „Senf für jede Wurst“ steht auf einer Tafel geschrieben – weiter am Albertplatz vorbei, dem Lieblingsplatz Erich Kästners, der hier als Bronzestatue verewigt ist…bis zum Altmarkt, von wo wir die Stadtführung mit Zwinger, Semperoper, Residenzschloss und Frauenkirche zu Fuss fortsetzten.
In der Dresdner Altstadt reiht sich ein architektonisches Highlight ans andere. In den 90er Jahren war hier nur ein Steinhaufen auf der Wiese zu sehen und rundherum grasten Schafe. Und jetzt…alles Zerstörte wieder aufgebaut. Mit einem unvorstellbaren Aufwand und mit nur kleinen Abweichungen zu den ehemaligen Originalbauten. Aus den Trümmern konnten Originalelemente und einzelne Steine wieder verwendet werden. Wir sind alle beeindruckt, man kann nur beeindruckt sein, was hier neu geschaffen wird.
An der Aussenseite des Stallhofs vom Dresdner Residenzschloss, unweit der Frauenkirche, prangt der Fürstenzug. Dargestellt mit Fliesen aus der Meissner Porzellanmanufaktur. Das Bild hielt der Bombardierung stand, nur rund 650 von 24‘000 Kacheln wurden beschädigt.
Unsere Eindrücke der Stadt sind schwer zu beschreiben, man muss das Unglaubliche einfach selbst gesehen haben.
Am Nachmittag hatten wir kein gemeinsames Programm. Unsere Gäste verteilten sich und gingen allein, zu zweit oder in kleinen Gruppen auf Entdeckungstour. Pünktlich waren alle am verabredeten Treffpunkt und wir konnten den Bus für die Fahrt ins Hotel besteigen. Alle Müde, alle erfüllt von den vielen Eindrücken und Bildern.
Tischkahnrundfahrt im Spreewald, Mittagessen im historischen Gasthaus und natürlich die „Spreewälder Gurken“
War es der Teufel, der die Entstehung des Spreewaldes verursacht hat? Spannte er wirklich zwei Ochsen vor einen Pflug und trieb sie, von Wut getrieben, kreuz und quer über die Felder, bis die Ochsen durchgingen, das gesamte Feld zerstörten und ein Delta mit 350 Wasserläufen und Fliessen von mehr als 500km Länge rissen? Es muss nicht stimmen, schön ist die Sage allemal und Sagen passen gut zu der einzigartigen, mystischen Landschaft, mit labyrinthartigen Wasserwegen und satten, grünen Auen. Sicher ist, dass das Gletscherwasser der Eiszeit sich seinen Weg durch die Landschaft suchte und eine Region schuf, die es so in Deutschland nicht noch einmal gibt.
Sicher ist auch, dass das slawische Volk der Sorben als erstes das Gebiet besiedelte und die Kulturlandschaft entscheidend prägte. Immer noch, oder besser gesagt wieder, pflegen die rund 60‘000 im Spreewald lebenden Sorben die Sprache, Kultur und Traditionen ihrer Vorfahren. Das zeigen uns die zweisprachigen Ortschilder. Mit diesen Infos bereitete ich unsere Gäste auf der etwas mehr als 1stündigen Fahrt nach Burg-Kauper auf unseren Tag vor.
Beim Bootshaus Rehnus standen bereits die Tischkahnboote für unsere Fahrt durch die Fliessen bereit. Die Fährmänner halfen uns beim Einsteigen und wir harrten ungeduldig und voller Spannung, dass es endlich losgeht. Was und wie soll ich beschreiben, was wir da erlebten in dieser prächtigen Natur? Ich suche nach Wörtern, mir kommt nur ein banales einzigartig und unbeschreiblich schön in den Sinn… eine unirdische Ruhe…üppiges Gebüsch, Grün in allen Schattierungen, wunderschöne Blauflügel-Prachtslibellen, die uns umschwirrten und uns auf unserer Fahrt begleiteten. Wir sahen traditionelle Spreewaldhäuser, mit den im Gebiet allgegenwärtigen Schlangenornamenten am Dachgiebel…der Schlangenkönig wird immer noch um seinen Schutz gebeten. Wie kann man sich eigentlich zurechtfinden in diesem Fliessenlabyrinth? Fragte ich mich bei jeder Abzweigung…aha, es gibt Wegweiser.
Wir waren alle froh, als wir nach drei Stunden Kahnfahrt wieder dem Bootshaus Rehnus anlegten. Die Fährmänner hatten es gut mit uns gemeint und länger als abgemacht die Kähne mit ihren langen Stangen durch die Fliessen geschoben. Auch die Schönheit und Einzigartigkeit der Natur schützte nicht vor Hunger und anderen Bedürfnissen.
Auf uns wartete ein weiteres Highlight des Spreewalds: Die Gurke
Beim Besuch einer Gurkeneinlegerei erklärte uns eine sehr sympathische Frau den Betrieb und führte uns mit viel Witz und Kompetenz in die Geheimnisse der würzigen Spreewaldgurke ein. Nur Rezepte zum Einlegen…die bleiben geheim. Jeder der wollte, bekam eine Gurke zum Essen und konnte sich so selber vom Geschmack der grünen Stange überzeugen lassen. Im Shop des Betriebes wurde rege eingekauft. Spreewaldgurken in verschiedenen Geschmacksrichtungen…ein beliebtes Mitbringsel.
Zum Abschluss des eindrücklichen Ausflugs haben Klaus, sein Chauffeur Arun, Franc und ich uns für unsere Gäste eine kleine Überraschung ausgedacht. Anstatt direkt ins Hotel zu fahren, machten wir einen kleinen Abstecher zum Jagd- und Barockschloss Moritzburg, der ehemaligen Jagdresidenz der Kurfürsten und Könige von Sachsen und…wichtig…Drehort des Filmes „drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Ich habe mich gründlich umgeschaut, sogar einen meinen Sneaker auf die Treppe gestellt, aber kein Prinz zeigte sich. Die einen Gäste waren begeistert von der Moritzburg, andere gönnten sich lieber ein Bier oder ein Eis am Kiosk beim Parkplatz.
War es die Hitze, die uns alle so müde und schlapp machte? Eine Dusche und das Nachtessen halfen, für den Abend auf der Hotelterrasse oder für Fussball vor dem Fernseher fit zu werden. Klaus und ich genossen die milden Sommerabende in Gesellschaft unserer Gäste. An jedem Tisch gab es einen guten Grund zum Anstossen und zum angeregten Plaudern
Fahrt mit der „Weisseritztalbahn“ und Ausflug in die Sächsische Schweiz
Ein Tag für Dampfzug-Freunde. In einer knappen halben Stunde erreichte unser Bus den Bahnhof in Freital, wo die nostalgische „Weisseritztalbahn“ abfahrbereit für uns bereitstand. Eine beschauliche Fahrt ins Osterzgebirge, in der ältesten im öffentlichen Verkehr befindlichen Schmalspurbahn. Mit 750mm Spurweite und wegen der landschaftlichen Vielfalt gilt sie als eine der schönsten Eisenbahnstrecken in Europa. Mit einem kräftig lodernden Feuer und genug Wasser an Bord schnaufte der Zug los. Ein Genuss für Augen und Ohren. Auf einer Länge von 26,3 km überquerte der Dampfzug rund 32mal das Flüsschen „Rote Weisseritz“ und tauchte in den wildromantischen Rabenauer Grund ein, schlängelte sich durch ein tief eingeschnittenes Felsental, überwand bis zur Endstation im Kurort Kipsdorf in rund anderthalb Stunden 350 Höhenmeter. Unsere Gäste genossen die Fahrt auf den Plattformen stehend, an den geöffneten Fenstern, in friedliches Gespräch vertieft oder einfach ruhig geniessend. Die vorbeiziehende Landschaft weckte Lust aufs Wandern oder Radfahren, vielleicht mit einer Rast in der sagenumwobenen Rabenauer Mühle? An der Endstation konnte man ausgiebig die Dampflok bewundern, fachmännisch diskutieren und ungestört Fotos machen.
Unsere zwei Chauffeure standen beim Bahnhof mit den Zerzuben-Bussen zur Weiterfahrt bereit. Über eine sehr kurvige Panoramastrasse durchs Müglitztal fuhren wir Richtung Pirna, dem Tor zur Sächsischen Schweiz, dem deutschen Teil des Elbsandsteingebirges. In der autofreien, nahezu originalgetreu erhaltenen, historischen Altstadt von Pirna verbrachten wir eine ausgedehnte Mittagspause. Der Marktplatz mit Sandstein verzierten Bürgerhäusern, gemütliche Restaurants, malerischen Gassen, kleinen Läden und der nahen Elbe, boten für jeden etwas. Etwas verwundert war ich über die zur Mittagszeit fast leeren Restaurants und die wenigen Besucher in den Gassen. Auf Nachfrage habe ich von einem Einheimischen erfahren, dass seit der Pandemie fast keine Leute mehr die Stadt besuchen. Warum auch immer. Sehr schade…es lohnt sich.
Unsere Gäste wussten nicht, was sie am Nachmittag noch erwartete. Sie fuhren einfach geduldig und vertrauensvoll mit Franc und mir mit und zwar in den 1990 gegründeten Nationalpark Sächsische Schweiz. Nach weiten Ebenen mit Wiesen, Feldern, Wäldern und als einzige Erhöhungen Windräder, war die plötzlich auftauchende, durch bizarr geformte Sandsteinfelsen geprägte Landschaft eine Überraschung. Der Nationalpark umfasst zwei räumlich getrennte Gebiete. Das Gebiet der Bastei sowie die gesamte hintere Sächsische Schweiz zwischen der Elbe und der Staatsgrenze zu Tschechien, wo sich der Name als „Böhmische Schweiz“ fortsetzt. Die zwei Schweizer Kunststudenten Adrian Zingg und Anton Graf mussten während ihrem Studium in Dresden schon sehr unter Heimweh gelitten haben, dass sie in den Felsformationen Ähnlichkeit mit der Schweiz sahen. Der höchste Gipfel hat gerade mal eine Höhe von 561 Metern. Ich habe aber Verständnis, fühle ich mich doch auch verloren, wenn ich mich nicht an Bergen und Erhebungen orientieren kann. Auf Grund der Briefe, die die zwei jungen Schweizer nach Hause schickten, hiess ab dem 19. Jahrhundert dieser Teil des Elbsandsteingebirges nicht mehr Meissner Hochland, sondern erinnert mit seinem neuen Namen an die zwei Schweizer Kunststudenten.
Unser Ziel war die 305 m hohe Bastei, eine Felsformation mit Aussichtsplattform, auf welcher man aus einer Höhe von 194 m über dem Elbspiegel einen unvergesslichen Blick über das Elbtal, auf die Tafelberge und bis weit in die benachbarte Landschaft des Lausitzer Berglandes und des Osterzgebirges geniessen kann. Das Basteimassiv ist durch die steinerne Basteibrücke, mit filigranen Bögen von Felsen zu Felsen, gut und problemlos erreichbar und mit leicht und sicher zu laufenden Wegen erschlossen. Kaum zu glauben, dass während der DDR-Zeit auf dem Gipfel ein 90 m hoher modernen Hotelbau mit 400 Betten, 1600 Gästebetten und einem Schwimmbad auf dem Dach hätte gebaut werden sollen. Zu der Zeit besuchten an den Wochenenden rund 50‘000 Besucher die Bastei. Was für ein Gerangel muss das gewesen sein? Weichem Sandstein und unsicherer Statik sei Dank, dass dieses Gigantismus-Projekt nie realisiert werden konnte. Heute steht zum gemütlichen Verweilen eine deutlich kleinere Gaststätte an dem Platz.
Der Spaziergang war eine Wohltat. Kaum zurück im Bus, schliefen die meisten Gäste. Gut so, vor uns lag der letzte Abend unserer schönen Reise. Den wollten alle ausgeruht geniessen.
Am Donnerstagmorgen fuhren wir los in Richtung Schweiz. Obwohl ein normaler Wochentag, kamen wir wie bei der Hinfahrt problemlos und ohne Staus vorwärts. Das ist halt so, wenn Engel reisen und unser Bus war voller Engel😉. Eine eindrückliche und erlebnisreiche Reise, mit einem abwechslungsreichen, vielfältigen und sehr informativen Programm (und nicht zu vergessen Sonnenschein pur) ging zu Ende. Danke allen, die Hinter- und vor den Kulissen und als Gäste daran beteiligt waren. Und ihr wisst, liebe Gäste und Leser, man sieht sich immer zweimal…wir freuen uns auf das nächste Mal.
Delia Crameri, Reiseleiterin bei car-tours.ch und Franc Stojkovic, Chauffeur bei Zerzuben