Luxemburg – Stadt, Land, Bahn & Fluss
Es berichtet für Sie unsere Reiseleiterin
Annemarie Khalil
„Die Welt ist ein Buch. Wer nie reist, sieht nur eine Seite davon.“ (Aurelius Augustinus 354 bis 430 n. Chr.)
Wie bist du Reiseleiterin geworden?
Oh, das geht weit zurück. Ich habe ursprünglich einmal das KV Richtung Sprachen gemacht. Nach einem Sprachaufenthalt in Oxford und in Genf arbeitete ich für Manpower im Büro. Eines Tages stellte sich eine Dame für einen Temporärjob bei uns vor und erzählte mir, dass sie die meiste Zeit des Jahres als Reiseleiterin arbeite. Ihre Erzählungen faszinierten mich so sehr, dass ich mich von ihr inspirieren liess, entsprechende Bewerbungen verschickte und schlussendlich bei Imholz landete. Imholz blieb ich dann 8 Jahre lang treu.
Was gefällt dir an dieser Tätigkeit besonders?
Beim Reiseleitern treffen für mich all die Dinge zusammen, die ich gerne mache: Mit Menschen arbeiten, organisieren, neue Ecken der Welt kennenlernen und andere Sprachen sprechen.
Was zeichnet dich als Reiseleiter aus?
Gar nicht so einfach, diese Frage zu beantworten. Aber ich denke mal, dass ich mich fundiert vorbereite, dass ich es verstehe, Menschen zu führen, ohne gleich wie ein General zu wirken und, dass ich eigentlich immer fröhlich unterwegs bin.
Worin siehst du die Vorteile / den Mehrwert einer Gruppenreise?
Zum einen kann man sich wirklich ohne Stress auf eine Reise einlassen, vor allem, wenn man keine Zeit oder Lust hat, sich darauf vorzubereiten. Zum anderen ist es das Kennenlernen von anderen Menschen, das Teilen von Erlebnissen und das Gefühl des Miteinanders.
Was gefällt dir an deinen Aufgaben als Reiseleiter bei Car Tours am besten?
Natürlich das Reiseleitern als solches, aber auch die Kollegialität unter den Reiseleitern, den Chauffeuren und den Mitarbeitenden vom Büro. Auch gefällt mir, dass es die zwei Schienen (Volksmusik-Reisen und Car Tours) gibt. So kann ich das Bodenständige in mir als auch meine kulturellen Interessen ausleben.
Was ist das lustigste, was du auf einer Reise mit einer Gruppe erlebt hast?
Das ist noch schwierig zu entscheiden. Auf jeder Reise gbt es immer viele lustige Momente. Eine Episode liegt jedoch erst kurze Zeit zurück. Als ich das zweite Wochenende in Ellmau war, schlug ich den Damen, die vom Bauernmarkt nicht mehr ins Hotel zurückwollten, vor, sich für den Abend in der zweiten Etage des Busses umzuziehen. Gesagt, getan! Ich war also mit den Umziehenden beschäftigt während der Busfahrer die Schäfchen, die zum Hotel zurückfahren wollten, zählte und über die Abfahrtszeit informierte. Danach wollte er kurz den Bus aufräumen und mit der oberen Etage anfangen. Dass wir Damen dran waren, uns umzuziehen, hatte er ganz vergessen. Kaum war er oben, drehte er gleich wieder um und liess ein lautes „Sorry“ verlauten und ich entschuldigte mich auch noch zusätzlich für ihn. Doch die halb entkleidete Damenschar lachte nur und liess verlauten:“ Kein Problem. Das war ja nur unser Buschauffeur – der gehört doch zur (Bus)-Familie J“!
Welches war das schönste Kompliment, das du von einem Gast erhalten hast?
Ich habe bereits zwei Mal Gutscheine von Fleurop nach Hause geschickt bekommen als nachträglichen Blumenstrauss für die tolle Reise – eine Dankeschön-Geste, die mich berührte
Luxemburg – Stadt, Land, Bahn und Fluss
Freitag, 19. Mai 2017 – Der Himmel weint, doch davon lassen wir uns nicht beirren!
St. Gallen: Morgens um halb sieben, hinter den sieben Gleisen treffe ich auf meinen Chauffeur Roland Zerzuben, kurz Roli genannt. Gesehen haben wir uns auch schon, aber zusammen gereist sind wir noch nie. Roli erklärt mir noch sein System, wo er was im Bus versorgt hat und ich mache mich mit Clipboard bewaffnet für die ersten Gäste bereit. Ich verspüre ein kleines Kribbeln in der Bauchgegend: Ein bisschen Lampenfieber. Obschon ich früher acht Jahre für Imholz-Reisen gearbeitet habe und schon im dritten Jahr für Car-Tours tätig bin…, das Kribbeln im Bauch bevor die ersten Gäste eintreffen vergeht wohl nie! Ich glaube, wenn das Kribbeln mal aufhören sollte, dann höre auch ich auf Reiseleiterin zu sein J!
Ohne Stau und ziemlich zügig fahren wir dann die anderen Einstiegsorte an: Winterthur, Zürich, Aarau, Raststätte Pratteln und Basel. Nun sind wir also vollzählig: 62 Gäste. Weiter geht’s über die Grenze nach Frankreich. Vorbei an Feldern, Wäldern und viel Grün rollen wir durchs Elsass mit Ziel Saverne als Mittagshalt. Als wir dort ankommen, giesst es was es giessen mag. Glücklicherweise hat Roli eine Menge Extraschirme dabei und so lassen wir uns trotz Wind und Regen nicht abhalten, Saverne zu erkunden. Der Rhein-Marne-Kanal fliesst mitten durch dieses Provinzstädtchen und sogar eine Schleuse befindet sich direkt im Zentrum. Drei historische Gebäude dominieren das Stadtbild: Das Chateau des Rohan, die ehemalige Bischofsresidenz und die Kirche Notre-Dame-de-la-Nativité. Zusammen mit einem Herrn und einer Dame aus meiner Gruppe besuche ich die Kirche. Wir sind ganz alleine dort. Aus einem Gefühl heraus, dass sie es bereuen würde, wenn sie es nicht täte, beginnt die Dame zu jodeln – langsam, berührend, von Herzen – ich sage nur: Wunderschön und Gänsehaut!
Der Mittagshalt ist vorüber, der Regen wird weniger und wir nähern uns dem Grossherzogtum. Meine Infos über Land und Leute werden interessiert verfolgt und es wird viel gelacht, als ich ein paar Luxemburger Witze erzähle und meine Sammlung an kuriosen Luxemburger Geschichten vortrage: Was hat es mit den Luxemburgerli auf sich? Welches spezielle Gespann wurde von der Polizei auf einer Luxemburger Strasse aufgehalten? Was passierte den Studenten einer Luxemburger Uni an einem Morgen im Januar 2017? Was macht den Luxemburger Stadtmarathon im Mai so speziell? In fröhlicher Stimmung erreichen wir unser Hotel, das Double Tree Hilton. Es liegt am Stadtrand und gehört mit zum Naherholungsgebiet der Stadt. Das Check-In geht zügig vonstatten und das Echo der Gäste, bezüglich der Zimmer, ist wirklich gut! Bei einem feinen Buffet-z’Nacht mit delikaten Vor-, Haupt- und Nachspeisen lassen die Gäste, Roli und ich den ersten Tag gemütlich ausklingen!
Samstag, 20. Mai 2017 – Einmal Mosel und zurück!
Den zweiten Tag unserer Reise gehen wir gemütlich an. Zwar ist der Himmel noch etwas verhangen, doch optimistisch wie ich bin, glaube ich daran, dass es heute nicht mehr regnen wird. Pünktlich auf die Minute fahren wir um 09.40 Uhr ab Richtung Remich. Das Städtchen liegt am westlichen Ufer der Mosel, die hier die Staatsgrenze zu Deutschland bildet. Das Panorama der Stadt wird von Weingärten und dichten Wäldern bestimmt, die Remich wie ein Amphitheater umgeben. Auf uns wartet eine Schifffahrt auf der Mosel von Remich bis Schengen und zurück mit einem Boot, das den Namen MuselSchëff trägt. Als wir dann gemütlich die Mosel hochfahren, lacht auch die Sonne wieder mit uns.
Zurück in Remich haben wir alle Zeit zur freien Verfügung. Ein Grüppchen schliesst sich mir an und wir laufen durch die Altstadt hoch bis zur Kirche. Da die Pflastersteinstrasse teilweise ziemlich steil ist, halten wir immer wieder an. Diese kleinen Halts animieren zum Erzählen und als wir bei der Kirche ankommen, habe ich das Gefühl, dass mir meine Gäste viel näher sind, als vor dem Anstieg. Hinter jedem Menschen steckt eine Geschichte und ich finde es immer wieder schön, wenn meine Gäste sich mir öffnen und mir aus ihrem Leben erzählen.
Entlang der Mosel fahren wir am frühen Nachmittag nach Grevenmacher, der Metropole der luxemburgischen Mosel. Unser Ziel ist die Sekt- und Weinkellerei Bernard Massard – ein seit 90 Jahren bestehender Familienbetrieb und der grösste Hersteller von Schaumweinen nach traditioneller Herstellungsmethode. Unsere Gruppe wird auf zwei Guides aufgeteilt die uns dann mit viel Humor durch die „Gewölbe“ von Bernard Massard führen! Als Abschluss nehmen wir, je nach Lust, im grossen Saal oder im Garten Platz und degustieren zwei verschiedene Schaumweine. Ohne Anstossen geht es jedoch nicht und so erheben wir immer wieder abwechslungsweise unsere Gläser auf eine schöne Reise, aufs Leben, auf gute Freunde und auf alles, was uns gerade so einfällt.
Von der Welt der Trauben tauchen wir danach in die Welt der Schmetterlinge ein. Nicht weit von der Sekt- und Weinkellerei entfernt, befindet sich der Schmetterlingsgarten von Grevenmacher – ein tropischer Garten mit Hunderten von exotischen Schmetterlingen. Mit einer konstanten Temperatur von 28° Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 70 bis 80% haben wir wirklich das Gefühl in den Tropen zu sein. Überall fliegen Schmetterlinge herum: Kleine, grosse, bunte und einfache! Aber wie schwierig es ist, sie zu fotografieren! Wir versuchen es immer wieder und amüsieren uns darüber, wie viele Versuche es braucht, bis endlich eine gute Aufnahme im Kasten ist! Unsere Befehle wie:“ Hör auf zu flattern!“ ignorieren sie einfach.
Und so neigt sich der Tag langsam dem Abend zu. Es wird Zeit, nach Hause, also zu unserem Hotel zu fahren. Der heutige Abend steht den Gästen zur freien Verfügung. Roli hat daher netterweise angeboten, alle die Lust haben im Zentrum von Luxemburg zu essen, mit dem Bus in die Stadt zu fahren und um viertel vor neun wieder an der gleichen Stelle abzuholen. Das Angebot wird rege genutzt; auch ich bin mit von der Partie. Wir alle sind überrascht wie viele Menschen in der Altstadt unterwegs sind und wie lebendig und international sich Luxemburg präsentiert. Restaurants, Bars und Kneipen gibt es in Hülle und Fülle und jeder findet ein Plätzchen um den Hunger und den Durst zu stillen.
Sonntag, 21. Mai 2017 – Luxemburg City und das Land der roten Erde
Die meisten Gäste habe ich bereits beim Frühstück gesehen. Die vielen, fröhlichen „guete Morge Annemarie“ und „guete Morge Roli“ zeigen mir, wie sich alle gutgelaunt auf den heutigen Tag freuen. Es ist aber auch ein absoluter Traumtag und die Sonne strahlt aus voller Kraft. Los geht’s also zur Synagoge von Luxemburg wo wir pünktlich auf unsere City-Guides Nadine und Alex treffen. Zuerst fahren wir ins Europaviertel auf dem Kirchberg. Dort haben sich zahlreiche Banken, europäische Institutionen und Behörden niedergelassen, darunter beispielsweise der Europäische Gerichtshof (EuGH) oder der Europäische Rechnungshof. Ultramoderne und imposante Gebäude lassen uns staunen. Dann geht’s zurück ins Zentrum, welches wir zu Fuss erkunden. Die Gruppe wird aufgeteilt und ich schliesse mich Alex an. Luxemburg ist ein kultureller Dreh- und Angelpunkt. Seit vielen Jahren gehört die Stadt Luxemburg aber auch zum UNESCO Weltkulturerbe. Eine moderne Stadt mit tiefreichenden Wurzeln! Wir lassen uns verzaubern von der Altstadt und ihren Geschichten, die Alex uns näherbringt. Wir wissen nun: Wenn der Grossherzog im Lande ist, halten zwei Soldaten vor seiner Stadtresidenz Wache, ist er in der Stadt wird zusätzlich die Fahne gehisst und, was soll ich sagen, sie ist oben! Grund: Die sogenannte Octave, eine 8-tägige Pilgerreise, hat heute in Luxemburg ihren Abschluss gefunden. Dies wird in der Kathedrale mit einer grossen Messe gefeiert, an welcher der Grossherzog teilnimmt. Und während wir das erfahren (kein Witz, wirklich wahr), fährt er mit Eskorte an uns vorbei und winkt uns zu! Das ist doch ein Highlight, oder etwa nicht? Doch ein weiterer Höhepunkt folgt: Wir steigen unter die Erde und besuchen die Kasematten der Stadt Luxemburg. Das sind in den Felsen gehauene Höhlen und Gänge, die ab dem 17. Jahrhundert zu Verteidigungszwecken angelegt wurden und ursprünglich ein Teil der Festung Luxemburg waren. Danach führt uns Alex zurück zum Place d’Armes, wo die Gäste zum Mittagessen noch Zeit zur freien Verfügung haben.
Dann folgten wir dem Ruf des Landes der roten Erde, einer der sechs Regionen Luxemburgs. Mit Roli am Steuer geht’s nach Pétange, dem Ausgangspunkt der Museumsbahn „Train 1900“. Der Bahnhof war einst betriebliches Zentrum der Anonymen Luxemburgischen Erzgrubengesellschaft; daher auch der Name der Region. Der „Train 1900“ wird von einer Vereinigung ohne Gewinnzwecke betrieben, der AMTF. Der Zug fährt ein und wir beziehen die Abteile der Ersten-Klasse-Waggons – edel! Die Sitze sind mit dunkelblauem Samt bezogen und die Federung ist so gut, dass wir richtig in die Sitzbänke einsinken. Die Fahrt bis Fond-de-Grasse dauert rund 25 Minuten und die Dampflokomotive pfeift laut und durchdringend und klingt so richtig schön nach Dampflok! Man merkt, dass die Vereinsmitglieder, die in ihrer Freizeit den „Train 1900“ freiwillig betreiben, mit Herzblut mit dabei sind. Oben angekommen, verteilt sich unsere Gruppe. Die einen spazieren zum nahegelegenen Waldgasthof, die anderen verweilen beim Bahnhof und bewundern weitere historische Züge und Lokomotiven oder lassen es sich bei Kaffee und Kuchen im Bahnhofs-Café gut gehen. Nach einem Aufenthalt von 50 Minuten lassen wir uns vom historischen Zug, der übrigens seit 1973 wieder rollt, wieder zurück nach Pètange bringen. Beim Bahnhof, vor der Lokomotive, machen wir dann noch ein Gruppenbild. Was dabei alle amüsiert, ist, dass ich die Gäste bitte, sich für’s Bild „zämä z’büschele“ – hey…, das ist Ostschweizerisch! Absolut korrektes Deutsch!
Und so wird auch dieser Tag vom Abend abgelöst. Zurück beim Bus erwartet uns Roli bereits mit einem Körbchen voll „Zeltli“ – tja, so empfangen zu werden, ist doch schön! Und als wir zurück im Hotel sind, werden wir von den Hotel-Köchen wieder mit einem Buffet verwöhnt – uns geht es wirklich gut!
Montag, 22. Mai 2017 – Wer morgens zerknittert aufwacht, hat viele Entfaltungsmöglichkeiten
Und schon ist es Zeit für die Heimreise – wie doch die Zeit vergeht! Bereits um sieben Uhr morgens ist Abfahrt und die meisten Gäste sind zwar wach, aber noch nicht munter! Mein Spruch von den Entfaltungsmöglichkeiten zaubert jedoch jedem ein Lächeln ins Gesicht und der strahlend blaue Himmel tut ein weiteres. Ich muss meinen Gästen eine Riesenkompliment machen, denn um Punkt 07.00 Uhr fahren wir ab – die ganze Reise über waren alle immer super pünktlich – das ist nicht selbstverständlich! Bis nach der luxemburgischen Grenze, erzähle ich nicht allzu viel. Viele möchten noch etwas dösen und sich in die bequemen Sitze kuscheln. Doch als wir dann das Grossherzogtum verlassen und wie bei der Hinfahrt wieder durchs Elsass fahren, erzähle ich über die vielen, schönen Weindörfer, die mit ihrer Geschichte, ihren Weinstuben und ihrem mittelalterlichen Flair sicherlich auch einmal eine Reise wert wären. Nur unterbrochen durch eine Kaffeepause fahren wir unserem ersten Aussteigeort, Basel, entgegen und dann ist es schon wieder soweit auf Wiedersehen zu sagen!
Ja, es war eine interessante, lustige, spannende, fröhliche und gemütliche Reise. Wir waren zusammen per Bus, auf dem Wasser, mit dem Zug und zu Fuss unterwegs. Wir haben uns Dinge anvertraut, spezielle Momente geteilt, uns miteinander gefreut und miteinander gestaunt. Es war eine erlebnisreiche und schöne Reise und natürlich haben Roli und ich uns gefreut, als es beim Abschied hiess:“ Wir fahren wieder mit Car-Tours! Es war wirklich eine tolle Reise! Es war das erste Mal, dass wir auf so einer Reise waren, aber sicherlich nicht das letzte Mal!
Auch für mich wird es nicht das letzte Mal sein. Ich freue mich immer wieder, mit Gästen unterwegs zu sein und ihnen, auf meine ganz eigene Art und Weise, ein Land oder eine Region näher zu bringen. Drum, liebe Gäste, bis zum nächsten Mal!
Ihre Annemarie Khalil mit Chauffeur Roli Zerzuben