Grafschaft Kent
Es berichtet für Sie unsere Reiseleiterin
Steffy Wunderlich
Die grösste Sehenswürdigkeit ist die Welt—sie sie dir an!!
Wie bist du Reiseleiterin geworden?
Durch meine Kollegin Gisela Jähn. Sie arbeitet schon einige Zeit bei Cartours.
Was zeichnet dich als Reiseleiter aus?
Meine gute Laune und grosse Einsatzbereitschaft-immer das beste für die Kunden „rauszuholen“.
Welches Reiseziel in Europa ist dein liebstes und warum?
Zur Zeit Venedig. Ich bin einfach jedesmal überwältigt von dieser geheimnissvollen Stadt mit ihren hunderten Gassen. Man kann bei jedem Besuch etwas neues entdecken und kann nie sagen, man kennt schon alles.
Welche drei Dinge sind auf jeder Reise unverzichtbar?
Gute Laune, gute Vorbereitung, gute Zusammenarbeit mit Chauffeur.
Was ist das lustigste, was du auf einer Reise mit einer Gruppe erlebt hast?
Bei einem Aufenthalt in Venedig liessen sich ein paar Gäste von einem Cartoon-Maler malen. Aber ich musste es als Erste auf den Stuhl des Künstlers. Es wurden Tränen gelacht. Später wurden die Kunstwerke im Bus herumgezeigt. Ein Gaudi. Das Bild hängt als schöne Erinnerung in meiner Wohnung.
Welches war das schönste Kompliment, das du von einem Gast erhalten hast?
Es gibt immer wieder schöne Komplimente von den Gästen. Das schönste ist jedoch am Ende eines jeden Tages ein Lächeln auf den Gesichtern unserer Gäste.
Grafschaft Kent
Die Reiseausschreibung verspricht eine blumig-duftende und entschleunigende Reise durch die romantischen Gärten der Grafschaft Kent.
Ich habe bis jetzt keinen grünen Daumen, aber das soll sich auf dieser Reise ändern…
Die Reise geht in aller Frühe in St. Gallen los. Unsere 3 Gäste sind fröhlich aber wohl doch noch ein wenig müde. Lotti, unser Vorladechauffeur fährt über Olten, Zürich nach Pratteln. In Pratteln machen wir Cafepause und mit einem Zubringerbus kommen noch Gäste von Bern und Thun. Die Gruppe kann sich erstmals kennenlernen. Ebenso wird Lotti abgelöst von Yvo- unserem Chauffeur nach Kent. Wir sind unterwegs im Apero-Bus der Firma Zerzuben. Dieser Bus ist ausgestattet mit einer Bordküche im hinteren Teil des Buses. Der grosse Sitzabstand verspricht den Gästen optimalen Komfort. Unsere 32 Gäste sollen sich rundherum wohlfühlen. Die Fahrt geht endlich los. Yvo erklärt sein Wohnzimmer und schnell wird klar, die Gruppe passt gut zusammen, es entwickeln sich Gespräche und es wird bereits angestossen mit einem Glas feinem Heida Wein aus dem Wallis.
Über Strassburg, Metz in Richtung Reims bis nach Lille Englos geht die Reise am ersten Tag. Das Champagnergebiet kennt wohl jeder. Der Champagner wird seit dem 17.Jahrhundert in der heutigen Form gekeltert- Weinanbau gibt es hier schon seit der Römerzeit. Nur Schaumwein aus der Champagne darf dem Champagnerparagraphen entsprechend Champagner genannt werden. Nach einem langen Fahr-Tag sind wir in Lille Englos in unserem Hotel Holiday Inn angekommen und werden sehr freundlich begrüsst. Mit dem feinen Nachtessen und vielen Gesprächen unter den Gästen beenden wir diesen Tag. Alle unsere Gäste sind sehr gespannt auf morgen.
Die Sonne weckt uns und alle haben gut geschlafen. Nach einem reichhaltigen Frühstück laden wir die Koffer ein und unser Weg führt uns nach Calais, einer Hafenstadt im Norden von Frankreich. Auf einer 1.5 stündigen Fährüberfahrt über den Ärmelkanal werden wir Dover/ England erreichen. Das Wetter ist fantastisch und die See ist ruhig. Jährlich fast 30 Millionen Durchreisende überqueren die 34 km lange Fährpassage über den Ärmelkanal. Unsere Gäste geniessen die Aussicht und es weht ihnen eine leichte Meeresbrise um die Nase. Wir werden empfangen von den Kreidefelsen von Dover und es heisst: Uhren zurückstellen und sich an den Linksverkehr gewöhnen, andere Währung und andere Sprache. Und es gibt Tee statt Café (darauf komme ich später nach zurück). Für den ein oder anderen eine grosse Umstellung. Aber wir werden uns schnell daran gewöhnen.
„Welcome to Kent“ aufgrund seiner Vielzahl von Gärten auch „Garten Englands“ genannt. Yvo und ich haben uns entschieden die Mittagspause in Tenterden zu verbringen. So können unsere Gäste schon mal den englischen Stil schnuppern. Alle kommen begeistert zurück zum Bus und sind auch sehr gespannt auf den ersten Gartenbesuch. Great Dixter House and Gardens- stammt aus Mitte des 15.Jahrhunderts. 1910-1912 entstand das jetzige Gebäude. Ein heruntergekommenes ähnliches Haus aus dem 16.Jahrhundert wurde im nahe gelegenen Ort Benenden, Kent, abgetragen und neben dem vorhandenen Bau wieder errichtet. Es ist eine romantische Nachbildung eines Mittelalterlichen Herrenhauses. Hecken, Sträucher, Bäume, Blumen… es duftet und blüht und das alles ein wenig wild. Bezaubernd und entschleunigend und wir alle geniessen diese einmalige Atmosphäre.
Die letzten Kilometer führen uns ins Seebad Eastbourne ins Hotel The View das nur durch eine Strasse getrennt am Meer liegt. Der Ausblick aus den Zimmern ist einfach ein Traum. Unser erster Tag in Kent, der traditionellen Grafschaft, geht vorbei und alle sind müde von den vielen Eindrücken.
An Tag 3 haben wir am Vormittag eine Verabredung in Maidstone- der Hauptstadt der Grafschaft Kent im Leeds Castle, dem mit Wasser umgebenen Schloss mit seinem Garten. Das Wetter ist typisch englisch, Nebel am Morgen. Wir fahren mit einem kleinen Zug vom Eingang bis zum Schloss, da der Weg doch ziemlich weit ist und es aus dem Nebel ein wenig regnet. Das Schloss ist märchenhaft. Wir besichtigen es von Innen und dann wird der Garten begutachtet. Man sagt über Leeds Castle: „Könige und Königinnen lösen sich ab, aber die zauberhafte, typische englische Schönheit von Leeds Castle bleibt ewig erhalten- ob Frühling, Sommer, Herbst oder Winter“. Dem können wir nur Recht geben.
Yvo und ich probieren den typisch englischen „Cream Tea“- Yvo sträubt sich anfangs Tee zu trinken- er sei doch nicht krank ;-)… Aber mit dem Rosinenbrötli, der Clotted Cream und Konfitüre hat er dann doch Spass am „Cream Tea“… und es wird eine tägliche Tradition auf dieser Reise für uns beide. Die Mittagspause haben wir heute dem Wallis gewidmet. Wir haben uns entschieden, unseren Gästen hier, mitten in der Grafschaft Kent, das Walliser Plättli mit einem Glas Heida zu servieren. Zurück aus dem Garten+Schloss haben alle Hunger und steigen voller Vorfreude in den Bus. Wir servieren Hamma, Trockenfleisch, Hauswurst, Hobelkäse und Roggenbrot- alles Produkte aus Yvo`s Heimat- dem Wallis. Dazu wird angestossen mit einem Glas Heida-aus der Sauvignon Blanc Traube gekeltert und wächst auf Höhen von 600 bis 1100 müM.
Und auch diesmal ist es absolut ruhig im Bus- alle geniessen den Mittagsimbiss aus dem Wallis. Der Tag ist noch nicht zu Ende- es geht weiter nach Sissinghurst Castle Garden. 1930 wurde der Besitz von der Schriftstellerin Victoria Sackville-West erworben. Auf 2.5 ha schuf sie mit ihrem Mann eine gelungene Folge von verschiedenen Gärten. Jährlich über 200.000 Besucher kann dieser Garten begrüssen. Der vierstöckige Torturm kann besichtigt werden und bietet wohl den besten Ausblick über das Reich von Vita Sackville-West.
Meine Angst auf dieser Reise galt den Männern- werden sie nach dem ersten Garten noch mit wollen? Haben alle Männer der Gruppe einen grünen Daumen? Ich bin positiv überrascht, alle Männer unserer Gruppe sind Hobbygärtner und haben grosse Freude an den Gärten und Schlössern. Und auch bei mir stellt sich ganz langsam die Überlegung ein, daheim einen Garten anzulegen… Yvo setzt unsere Gäste am Hotel ab und wir fahren auf den Parkplatz der am Rande der Stadt liegt. Dort staunen wir beide nicht schlecht- ein Zerzuben Bus ist dort parkiert und Chauffeur Rolf winkt uns schon entgegen. Für uns ist es immer eine Freude, Berufskollegen unterwegs zu treffen, vor allem so spontan.
Tag 4
Das Programm heute kann unterschiedlicher nicht sein. Am Vormittag Sheffield Park Garden und am Nachmittag die Stadt Brighton-eines der grössten und bekanntesten Seebäder. Und am Ende dieses Tages hat unser Chauffeur eine Verantwortung mehr- Erklärung folgt. Capability Brown legte den Garten im 18. Jh an dessen Zentrum 4 Seen bilden die durch Brücken miteinander verbunden sind. In den Seen sind tausende von Seerosen. Die vielen Rhododendren werden im 20. Jh angepflanzt und sind schon fast verblüht bei unserem Besuch. Aber es lässt sich abschätzen, wie es hier vor ca. 2-3 Wochen ausgesehen haben muss. Traumhaft. Ja und dann passiert es! Am Ende geht es in die Gärtnerei. Neue Mitreisende im Bus sind ein Rosenstock von unseren Gästen und ein Japanischer Ahornbaum in Miniausführung von Yvo. Und das ist Chauffeur-Aufgabe: mit den Pflanzen reden und giessen bis zum Ende dieser Reise. Und es sollen noch mehr Pflanzen dazu kommen im Reiseverlauf.
Brighton- entwickelte sich ab 1750 zu einem vornehmen Kurort in dem sich der englische Adel und die feine bürgerliche Gesellschaft Erholung versprachen. Heute ist es ein Ort des Massentourismus mit vielen Kulturveranstaltungen und Pferderennen, Autorallyes und mehreren Sportstätten. Auf dem Brighton Pier- einer riesigen Seebrücke hat sich ein grosser Vergnügungspark entwickelt. Wir besuchen mit einer Audio-Guide Führung den Royal Pavillon in Brighton. George der 4. Liess seine Villa 1815-1822 in dieses Prunkschloss umbauen, das an die Paläste des Maharadschas in Indien erinnern sollte. Zwiebeltürme, Prunk… man wird fast blind und trotzdem ist es fantastisch es anzuschauen. Der Royal Pavillon wurde für über 10 Mio Pfund aufwendig restauriert. Brigthon hat beeindruckt wenn auch nicht jedem unserer Gäste gefallen. Aber diesen Kontrast zu den ruhigen Gärten hat es gebraucht. Mit vielen Eindrücken, Pflanzen und Cream Tea im Gepäck geht es zurück nach Eastbourne. Und unser Chauffeur hat noch seine neue Aufgabe zu erfüllen- Pflanzendienst.
Guten Morgen aus Eastbourne- das Wetter ist „very british“ mit dem morgendlichen Nebel. Aber der verzieht sich schnell und unserem Highlight ist blauer Himmel beschert. Wir fahren nach Windsor. Windsor liegt an der Themse und ist seit nahezu einem Jahrtausend Sitz der Königsfamilie. Windsor Castle soll zu den schönsten Schlössern der Welt zählen- davon werden wir uns heute überzeugen. Schon beim Befahren des Parkplatzes in Windsor wird klar: Wir sind nicht allein! Da mag man sich gar nicht vorstellen, was hier am 18.05 los war, als Harry und Meghan geheiratet haben…. Der ein oder andere Gast bekommt auch einen kleinen Schreck als er denn die Schlange an der Eintrittskasse sah… Ich hatte alle vorgewarnt und die 50 min Ansteh-Zeit vergingen dann doch schneller als gedacht. Nach Sicherheitskontrollen wie am Flughafen schnappte sich jeder Gast einen AudioGuide und der Rundgang konnte beginnen. Den Grundstein für Schloss Windsor legte Ende des 11. Jh. Wilhelm der Eroberer. 39 Monarchen hat es bis heute beherbergt. Schloss Windsor erstreckt sich über 10.5 ha und im oberen Schlossbezirk befinden sich 951 Räume. Natürlich dürfen bei weitem nicht alle besichtigt werden. Aber nicht nur das Schloss beeindruckt, auch das kleine Städtchen Windsor das grad angrenzt ist sehr gemütlich um dort die Mittagspause zu verbringen. Der Aufenthalt in Windsor vergeht wie im Fluge. Wir sind alle am vereinbarten Treffpunkt und machen dort noch ein Gruppenfoto bevor es zurück zum Bus geht.
Unsere Fahrt geht weiter nach Wisley Garden- wohl einem der schönsten und auch grössten Schaugärten der Welt. Wisley Garden liegt nicht weit entfernt von Windsor und öffnete 1904 seine Türen. Rosengärten, Heidelandschaften, Wildgärten, verschiedene Gewächshäuser- hier könnte man den ganzen Tag verbringen. Auch eine riesige Gärtnerei grenzt an den Park an. Und spätestens hier springt mein Daumen auf grün. Auch ich kaufe einen kleinen Japanischen Ahornbaum (er wollte unbedingt mit in die Schweiz). Auch Yvo kann es nicht lassen und kauft noch mehr Pflanzen für seinen Garten. Und unsere Gäste ebenso. Somit haben wir die Botanik im Bus. Der Tag war lang, mit blauem Himmel, Tee bei der Queen und einem wunderschönen letzten Garten.
Es geht auf den längeren Heimweg nach Eastbourne und es ist sehr still im Bus. Viele Gäste schlafen oder hängen ein wenig ihren Gedanken nach.
So geht es doch morgen in Richtung Schweiz mit einer Zwischenübernachtung in Lille Englos/ Frankreich.
Zu schnell ist diese traumhaft schöne Reise in die paradiesischen Gärten und Schlösser von Kent vorbei. Aber der Heimweg ist auch Bestandteil einer Reise.
An dieser Stelle möchte ich den beiden Hotels einen grossen Dank ausrichten. Die Freundlichkeit der Mitarbeiter war beispielhaft. Ebenso die der Mitarbeiter in allen Gärten.
Danke an Euch tollen Gäste, die ihr immer ein Lachen auf den Lippen hattet. Vor allem den Männern sei eine Krone aufgesetzt- tapfer seid ihr durch jeden Garten gestapft ohne zu murren- bravo.
Ein grosses Danke an Yvo unseren Chauffeur- Dein Humor hat uns jeden Tag aufs Neue angesteckt. Und auch Du als Walliser hast gelernt: Man kann den schwarzen Tee auch trinken, wenn man nicht krank ist…Das Reisen mit Dir bleib einfach in allerbester Erinnerung. Und die Pflanzen haben alle bis daheim überlebt- was hast Du Ihnen auch am Abend erzählt beim Giessen?
Grafschaft Kent- die erste Reise aber sicher nicht die letzte für mich. Ich komme wieder, denn mein Baum braucht dringend noch Unterstützung durch andere britische Artgenossen…
Seit alle lieb gegrüsst und bis hoffentlich bald
Eure Steffy