Blütezeit in der Lüneburger Heide
Es berichtet für Sie unsere Reiseleiterin
Beatrice Greve
„Reisen – es lässt dich sprachlos, dann verwandelt es dich in einen Geschichtenerzähler.“ – Ibn Battuta
Wie bist du Reiseleiterin geworden?
Nach dem Abschluss der Hotelfachschule in Luzern machte ich eine Ausbildung als Reiseleiterin bei Kuoni.
Was gefällt dir an dieser Tätigkeit besonders?
Aus vielen unterschiedlichen Charakteren eine harmonische Gruppe zu bilden
Was zeichnet dich als Reiseleiter aus?
Flexibilität, Zuverlässigkeit, Sozialkompetenz, Humor. Die Kunden sagen, ich sei ein Organisationstalent …
Worin siehst du die Vorteile / den Mehrwert einer Gruppenreise?
Ich kann immer wieder feststellen, dass sich wunderschöne Freundschaften zwischen unseren Reiseteilnehmern bilden – etwas leider eher Seltenes in unserer heutigen Welt
Was gefällt dir an deinen Aufgaben als Reiseleiter bei Car Tours am besten?
Den Gästen vor Ort wichtige Informationen vermitteln und ihnen bei Problemen mit Rat und Tat zur Seite stehen
Was unterscheidet Car Tours Reisen von anderen Reisegesellschaften?
Einmalig ist sicher, dass jede Reise von einer Schweizer Reiseleitung begleitet wird.
Welches Reiseziel in Europa ist dein liebstes und warum?
Die süsse Kunst des Müssiggangs auf der Piazza Brá in Verona – das typische Dolce farniente
Welche drei Dinge sind auf jeder Reise unverzichtbar?
Respekt, Toleranz und ein Schweizer Sackhegel
Welches Buch darf auf keiner Reise fehlen?
Ein Gedichtband von Mascha Kaleko, da kann der Tag noch so hektisch gewesen sein ein Gedicht vor dem Einschlafen und ich bin glücklich und entspannt
Wer ist dein Held in der Geschichte des Reisens?
Die San „jene, die etwas vom Boden auflesen“. Sie jagten und sammelten und hinterliessen den Ort wieder so wie sie ihn angetroffen hatten
Verrate uns deinen unerfüllten Reisetraum?
Einmal um die Welt segeln
Was war dein schönstes Erlebnis bei Car Tours Reisen?
Als ich ein lustiges Gedicht über unsere Reise ins Zillertal erhielt – verfasst von all meinen 78 Gästen.
Wohin reist du privat?
Nach Afrika, ich liebe die Farben, die Gerüche, die Gewürze und die Wärme
Hast du ein Reisemotto?
Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf – Oscar Wilde
Blütezeit in der Lüneburger Heide
Jupii ich darf eine Reise in die Lüneburger Heide begleiten. Der Norden Deutschlands faszinierte mich schon immer. Ich liebe diese Weite und die tiefhängenden Wolken.
Mit mir freuen sich 65 Reiselustige, die schon sehr früh am Morgen, ja fast eher mitten in der Nacht, in den Bus steigen. Schon bald habe ich all unsere Gäste beisammen. Unser Fahrer Roli übernimmt ab Widnau, kurz vor der österreichischen Grenze, das Lenkrad unseres bequemen Zerzuben Busses. Er wird uns in den kommenden Tagen sicher, ruhig und entspannt durch die Gegend schaukeln. Nach der Schweizer Grenze zeigen sich bereits erste zarte Sonnenstrahlen, und der starke Regen bleibt hinter uns. Sonnenschein wird uns während der gesamten Reise begleiten. Unser Hotel in Hodenhagen, mitten in der Lüneburger Heide, erwartet uns mit einem feinen Znacht. Danach gehen wir mit unseren Koffern auf Zimmersuche, nicht ganz einfach, aber auch dank Rolis Hilfe haben schlussendlich doch alle ihr Zimmer gefunden.
Schnucke kommt von „schnöckern“
Mit Ina, unserer lokalen Reiseleiterin, habe ich unser Tagesprogramm schon vorher besprochen und so kann es gleich losgehen. Als erstes besuchen wir die Heidschnucken. Diese sind in der Heide nicht immer ganz einfach zu entdecken. Deshalb führt uns Ina zum Stall, wo der Austrieb um 10.30 Uhr stattfindet und wir so die Möglichkeit haben, diese Schnucken einmal aus der Nähe zu beobachten. Die Heidschnucke ist eine alte Landschaf Rasse, die von den auf Sardinien und Korsika beheimateten Mufflons abstammen soll. Schnucke kommt von „schnöckern“ (Naschen), weil die Heidschnucke die Abwechslung liebt und Heidekraut, Gras und Wildkräuter gern verspeist. Die Schnucke ist für den Erhalt der Heide zuständig. Sie verbeisst junge Bäume und verhindert so, dass sich Birken- und Kiefernwälder auf den Heideflächen ausdehnen können. Früher, als es noch riesige Heideflächen gab, waren die Heidschnucken wichtige Woll- und Düngerlieferanten, heute dienen sie vorwiegend als vierbeinige Landschaftspfleger. Ohne die Hilfe der Schnucken liessen sich die grössten zusammenhängenden Calluna-Heiden Mitteleuropas nicht dauerhaft erhalten.
Die Landschaft der Lüneburger Heide versprüht ihren ganz besonderen Charme. Kräftiges Lila von vielen Millionen Blüten, unterbrochen vom satten Grün der Wacholder und Kiefern und das silbrige Weiss der Birken färben die ganze Region. Die Besenheide, Calluna vulgaris, ist zur Blume des Jahres 2019 gewählt worden. Sie gehört zur Familie der Heidekrautgewächse (Ericacecae). Die Lüneburger Heide bietet mit ihren Heideflächen eine Naturlandschaft, die einmalig ist in Mitteleuropa. Eine alte Heidjer Faustregel sagt: Die Heide blüht vom 08.08. bis 09.09. eines Jahres. Wie wir hören, hat sie schon lange nicht mehr so schön geblüht wie dieses Jahr. Wir staunen ab so viel Pracht.
Nach der Mittagspause in Soltau knipst Verena aus Bern unser Gruppenfoto vor einem riesigen grünen Sofa, welches schlussendlich auf dem Foto kaum zu sehen ist. Roli führt uns nun nach Celle, wo wir von Annemarie und Klaus zur Stadtführung erwartet werden. Das grösste zusammenhängende Fachwerkensemble Europas, das Welfenschloss oder das Neue Rathaus – Celle ist reich an Sehenswürdigkeiten. Die Residenzstadt hat viel zu bieten, und uns wird einiges erklärt und gezeigt. Nach dem Stadtrundgang bleibt genügend Zeit für Entdeckungen auf eigene Faust und auch für ein feines Znacht in einem der vielen gemütlichen Restaurants.
Abends in unserem Hotel treffen sich viele für einen Jass oder einen Absacker in der Bar.
Auf der Kutsche lachen wir Tränen
Damit die Gäste den Vormittag ganz individuell gestalten können fahren wir nach Undeloh. Der Ort liegt mit heidetypischen Häusern mitten im Naturschutzgebiet der Lüneburger Heide. Im Ortskern ist die St. Magdalenen-Kirche zu finden. Sie wurde 1189 erbaut und ist mit dem abseits stehenden Glockenturm eine der schönsten Heidekirchen. Das Heide Erlebniszentrum, der Markt, die vielen reetgedeckten Häuser, die abwechslungsreichen Wanderungen durch die Heide und unzählige Cafes und Restaurants bieten etwas für jeden Geschmack. Anschliessend warten die Kutschen in Schneverdingen auf uns. Bei einer zweistündigen Fahrt geniessen wir den Blick auf die Heide in vollen Zügen. Die Ruhe wird ab und zu von den Informationen des Kutschers unterbrochen, und zwischendurch kommt ein typisch norddeutscher trockener Witz: wir lachen Tränen. Als krönender Tagesabschluss erwartet uns ein Grillbuffet im Schafstall. Meine Gäste sind hungrig und auch „gwunderig“ auf das Schnuckenfilet oder die Schnuckenwurst. Es schmeckt ausgezeichnet, und wir sind uns einig; so ein Tag so schön wie Heute der sollte nie vergehen oder zumindest nicht so schnell in Vergessenheit geraten.
Am frühen Morgen, bei Sonnenaufgang, verabschieden wir uns von dieser wunderschönen Gegend. Es geht zügig vorwärts, doch da – plötzlich geht gar nichts mehr auf der A7. Wegen eines Unfalls sitzen wir während mehrer Stunden fest. Meine Gäste sind trotzdem guter Laune, ich lese Geschichten und Sagen von Hermann Löns, dem Heidedichter, vor. Roli erzählt von den strengen Regeln der Fahr- und Ruhezeiten, wir verteilen die Car-Tours Kataloge und ich erzähle etwas zu unseren Reisen. Und so vergeht die Zeit und irgendwann können wir endlich heimfahren.
Mit etwas Wehmut im Herzen verabschiede ich mich von meinen Gästen und von Roli. Wer weiss, vielleicht gibt es ein Wiedersehen auf einer anderen Reise?
Plattdeutsch: „Loot se sik dat goot gohn, Dank ok“ – oder vielen herzlichen Dank!
Beatrice