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Bernina- & Glacier-Express im Winter

Bericht vom 21. Januar 2022 – 23. Januar 2022| Bus Nummer 1                            

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Bernina-  & Glacier Express im Winter

Kennen sie das deutsche Kinderlied «auf de schwäbische Eisebahne»?

Ja, ich fahre mit meiner kleinen, aber feinen Gruppe mit den Bahnen. Wir bleiben vorwiegend auf den Schienen der Schweiz. Der Corona-Virus hat immer noch das Sagen und bringt uns noch auf eine Sonderfahrt – mehr dazu in meinem Bericht.
Meine Gäste und ich freuen uns auf ein tolles, verlängertes Weekend mit netten Mitreisenden. Unsere Schweizerreise mit Abstecher nach Tirano beginnt in Bern und endet am ersten Reisetag in Tiefencastel. Zwei Nächte logieren wir bei der Familie Schuler im Hotel Albula-Julier in Tiefencastel. Tiefencastel liegt im Albulatal am Schnittpunkt wichtiger Bündner Verkehrsachsen und an der Albula-Bahnlinie. Die Lage macht Tiefencastel zum Ausgangspunkt vieler Ausflüge, so etwa auch in den Parc Ela, dessen talseitiges Tor Tiefencastel ist. Die geschichtliche Bedeutung von Tiefencastel (851 m) leitet sich aus dessen geographischer Lage ab: Am Zusammenfluss von Albula und Julia kreuzen sich hier die Verkehrsachsen Nord-Süd von Chur zum Julier- und Septimerpass und West-Ost von der Schynschlucht zum Albula- und über Davos zum Flüelapass ins Unterengadin und Richtung Tirol. Eine Strasse verbindet Tiefencastel zudem mit der Lenzerheide.

Speditives Check-In im Hotel und dann wieder in den Bus. Unser Nachmittagsziel ist das Spital Thusis. Unsere italienischen Nachbarn wollen für unseren kurzen Abstecher nach Tirano einen PCR Test. Was sich zuerst als Schikane abzeichnete endete für uns alle vor dem Spital als ein unvergessliches Unterfangen. Meine Gäste fanden sich im Gespräch und schlussendlich durfte ich alle Testergebnisse abholen und verkünden: Juhuiiii wir sind alle gesund…

Beim ersten Nachtessen im Hotel war die Stimmung ausgelassen und dazu beigetragen hat bestimmt auch das feine Menu der Familie Schuler. Das Reiseprogramm und die Wettervoraussichten für den kommenden Tag sind vielversprechend.

Bernina Express bis Tirano und Besuch in einer Weinkellerei:

Der Himmel zeigte sich am morgigen Tag etwas bedeckt und wir sind uns einig, im Süden wird es sonniger. Freudig setzen wir uns auf die reservierten Plätze und freuen uns auf die, für viele langersehnte, Bernina Zugfahrt. Beim Einsteigen denkt niemand an die Knochenarbeit der 3000 italienische Gastarbeiter. Sie mussten in der Landschaft umsetzen, was sich Ingenieure am Reissbrett ausgedacht hatten. «Und wie ein Märchen mutet es uns an, die wir einst auf staubiger Strasse im langsam rollenden Postwagen durch diese weiten Gebiete fuhren, wenn nun, von unsichtbarer Kraft bewegt, die eleganten, grossen Waggons der Berninabahn uns über alle Höhen und Tiefen dahinleiten», schrieb der Geologe und Lehrer Christian Tarnuzzer (1860-1925) in einer der ersten Publikationen über die Bahn. Die Bahn zwischen St. Moritz und Tirano verbindet den Norden und den Süden Europas. So fahren wir auf das Ospizio Bernina auf 2253 Meter über Meer, bewundern den Morteratschgletscher und die weltberühmten Montebellokurven zeigen, dass die Bauarbeiter und der Ingenieur auch immer an die Touristen dachten. Die Reise geht entlang dem Lago Bianco und Laj Neir bis zur Alp Grüm, wo ein kurzer Halt eingeschaltet wird. Wir bewundern den Palügletscher, das imposante Berninamassiv, die Bergamasker Alpen und letztendlich geht unser Blick über das ganze Val Poschiavo. Die Alp Grüm ist die Grenze zwischen dem deutschen und dem italienischen Sprachraum unseres Landes.

Dann geht’s langsam im Zick-Zack-Kurs talwärts ins südalpine Tal Poschiavo (Valposchiavo). Poschiavo steht für kulinarische Genüsse (Capunet, Taiadin, Pizzoccheri, Crespelle, Tartellette, Pulenta in flur) und das farbenfrohe von Emigranten erbaute «Spaniolenviertel». Doch dieses Mal steigen wir nicht in Poschiavo aus. Unsere Reise führt uns weiter nach Tirano. Wir haben ja unsere PCR Testformulare alle bei uns und können ins nahgelegene Italien. Tirano am Ende der Berninalinie empfängt uns mit frühlingshaften Temperaturen. Die Mimosen blühen und die Palmen wedeln leicht im Winde – ja vom tiefen Winter sind wir in den Frühling gefahren. Es bleibt Zeit um einen Kaffee oder ein Glas Prosecco zu geniessen und schon bald fahren wir zum nächsten Programmpunkt.

Weingut Nera Vini in Chiuro

Wir hören von Francesca die Geschichte, die Leidenschaft, das Streben und die Arbeit am Weinberg der Familie Nera. Für jeden Hektar Weinberg müssen zwischen 1200 und 1400 Arbeitsstunden aufgebracht werden. Eine weitere schwere und kostspielige Arbeit ist die Aufrechterhaltung der mehr als 250.000 Trockenmauern, die die Weinberge stützen. Diese Mauern sind insgesamt 2500 km lang und machen so das Valtellina zum grössten Weinterassengebiet in den Bergen Italiens. Zurück aus dem Keller degustieren wir drei verschiedene Weine und werden mit besten Spezialitäten dieser Gegend reichlich verwöhnt. Gerne wären wir noch lange dort verweilt, doch unsere Heimreise mit dem Bus (Chiuro-Tirano-Poschiavo-Berninapass-Tiefencastel) stand noch bevor. Zufrieden und glücklich mit den gekauften Weinen steigen wir ein. Thomas fährt uns zurück nach Tiefencastel. Auf der Fahrt dürfen wir das Berninamassiv in schönster Abendstimmung geniessen. Das Bähnlefahre geht am nächsten Tag weiter. Heute nehmen wir den Glacier-Express und fahren via Chur-Disentis nach Andermatt. Wir bewundern die Rheinschlucht vor den Toren der Alpenstadt Chur. Was mit dem Flimser Bergsturz begann, präsentiert sich als einmalige Naturkulisse. Zwischen Ilanz und Reichenau hat sich der Rhein während 10.000 Jahren einen Weg durch das Gesteinsmaterial gebahnt. Entstanden ist so eine Schlucht, die zu Recht den Übernamen «Swiss Grand Canyon» trägt. Die von Föhren umrahmten bizarren Gesteinsformationen faszinieren uns Bahnreisende. Seit 1977, als einer der ersten Landschaften der Schweiz (noch vor dem Rheinfall und dem Matterhorn), steht dieser Teil unter nationalem Schutz. Disentis oder Mustér liegt 1130 Meter über Meer. Das Benediktiner Kloster, welches bereits 720 n. Chr. gegründet wurde, ist das Highlight dieses Ortes.

Den höchsten Punkt unserer heutigen Etappe erreichen wir auf dem Oberalppass auf 2033 Meter über Meer. Hier bewundern wir die enormen Schilifte, die nun Sedrun und Andermatt verbinden. Alles Dank dem Grossinvestor Sawiri. Unter uns sehen wir schon das Bergdorf Andermatt. Was sagte Goethe zu diesem Ort: «Mir ist’s unter allen Gegenden, die ich kenne, die liebste und interessanteste». Ich rätsle mit meinen Gästen, warum er zu dieser Aussage kam. Vielleicht hat ihm eine nette Andermatterin den Kopf verdreht, oder was könnte es sein? Hat er sich in die sagenumwobene Schöllenenschlucht mit der Teufelsbrücke verliebt? Eine Antwort werden wir nie finden! In Andermatt wartete unser Bus und glücklich und mit einer Seele voller Erinnerungen geht’s zurück an die Einsteigeorte. «Ja, auf de schwäbsche Eisebahne gibt’s gar viele Haltstatione», so klingt das Kinderlied und ich bin überzeugt und habe es erlebt, auch auf dem Bernina- und Glacier Express gibt es viele Haltstationen, jedoch noch kein Lied.

 

Liebe Leser, ich wünsche Ihnen mit diesem Ohrwurm viel Vergnügen beim Lesen meines Berichtes und verreisen Sie mit uns, wir wissen wo die Haltestellen sind und begleiten sie gerne.

Danke Urs für deine Bilder!

Herzlichst Ihre Reiseleiterin, Irene Marti

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