Perlen der Nord- & Ostsee mit Susann Bovay Flisch
Es berichtet für Sie unsere Reiseleiterin
Susann Bovay Flisch
Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt.
Wie bist du Reiseleiterin geworden?
Vor 10 Jahren erhielt ich eine spontane Anfrage für eine Reiseleitung. Ich habe auf dieser ersten China-Reise dann rasch festgestellt, dass dies ziemlich genau meinem absoluten Traumjob entspricht.
Was gefällt dir an dieser Tätigkeit besonders?
Ich darf eine interessante Reisegruppe betreuen und kann als Bonus die leeren Flecken auf meiner persönlichen Weltkarte ausfüllen.
Was zeichnet dich als Reiseleiter aus?
Eine gründliche Vorbereitung ist die Grundlage, dass ich während der Reise auf die Wünsche der Teilnehmer eingehen kann.
Was gefällt dir an deinen Aufgaben bei Car-tours am besten?
Jede Reise ist unterschiedlich und die Gäste haben verschiedene Erwartungen: meine Herausforderung ist es, jede Gruppe organisatorisch und didaktisch so zu begleiten , dass am Schluss alle zufrieden sind.
«Perlen der Nord- und Ostsee»
Es ist noch sehr dunkel und sehr früh am Morgen, als sich die ersten Reiseteilnehmer in Basel einfinden. Doch schon bald dämmert es und unterwegs nach Aarau und Zürich geht die Sonne auf. Früh ist es immer noch. Nach einer ersten Kaffeepause steigen in St. Gallen die noch fehlenden Gäste ein und nun geht’s richtig los: der Norden lockt, doch die Fahrt dahin ist sehr lang – kurz vor Ulm treffen wir Willy, unseren Fahrer der uns die ganze Reise über im komfortablen Zysset-Doppelstöcker begleiten wird. Auf dieser Reise werden wir in sieben Tagen insgesamt gut 3000 km zurücklegen. Es bietet sich also an, sich im Bus häuslich und bequem einzurichten: Kissen, Bücher, Decken, Spiele – alles dabei. Zudem ist unser Bus nicht ganz ausgebucht, sodass wir im «Parterre» einen Tisch für spontane Begegnungen und Kartenspiele freihalten können.
Die Fahrt durch Deutschland auf der A7 von Süden nach Norden durch saftig grüne Landstriche, dunkle Wälder, ginsterblühende Heide, an unzähligen Windkraftanlagen vorbei und auch mal in einem typischen Riesenstau stehend, bringt uns zu unserem ersten Etappenziel. Spät am Abend treffen wir in Buchholz ein, wo der Bus direkt vor der Hoteltüre parken kann und ein leckeres Essen auf uns wartet. Eine Wohltat, endlich mal länger die Beine strecken zu können und bei einem Glas Wein mit den Mitreisenden anzustossen. Die Betten sind bequem, doch die Nacht ist kurz.
Heute erwartet uns die mondäne Nordseeinsel Sylt! Bei gutem Wetter fahren wir im Morgenverkehr durch den Hamburger Elbtunnel weiter nach Niebüll, wo wir den Bus verladen und mit dem Sylt-Shuttle, der einzigen Verbindung zum ostfriesischen Festland, über den gewaltigen 11 km langen Hindenburgdamm nach Westerland übersetzen. Unter kundiger Führung sehen wir später, was den Zauber von Sylt ausmacht: endlose Sandstrände, ursprüngliche Dünen, stille Naturschutzgebiete, hinreissende Reetdach Häuser, und natürlich die blauweiss-gestreiften Strandkörbe, in denen man Sonne geniessen und dem Wind trotzen kann. Nach dem delikaten Fischbrötchen und einem Glas Sekt ist die lange Anreise schon vergessen und auf der kurzen Fährüberfahrt zur dänischen Insel Römö geniessen wir Meer mit Sonnenschein und lassen die Seele baumeln. Von unserem Hotel sehen wir das Wattenmeer, welches nach dem Abendessen noch zu einem Spaziergang verlockt. Hier im Norden sind die Tage länger und es wird momentan erst gegen 22.00 Uhr dunkel.
Weiter geht die Reise nach Jütland über einen weiteren Verbindungsdamm zum Festland. Ribe, die um 700 gegründete älteste Stadt Skandinaviens sowie Dänemarks, erkunden wir ausführlich. Die Altstadt ist ein echtes Kleinod mit uralten blumengeschmückten Fachwerkhäusern, holperigem Kopfsteinpflaster und attraktiven Handwerksläden. Hübsche Cafés bieten Spezialitäten an, darunter kunstvoll gefertigte Fløederbolle – dieser Name ist bedeutend weniger verfänglich als die bei uns identischen Mohrenköpfe, schmecken tun sie alleweil. Die Weiterfahrt nach Middelfart ist eine Wohltat für die Augen: blühende Rapsfelder, weidende Schafherden, ab und zu ein idyllisches kleines Dörfchen im flachen Land. Ein Blick auf das trutzige Koldinghus darf nicht fehlen, hat dies doch einen grossen geschichtlichen Stellenwert: hier verlief anno dazumal die Grenze zwischen dem Königreich Dänemark und dem Herzogtum Schleswig. Die erste grosse Brücke auf unserer Reise führt an der schmalsten Stelle über den kleinen Belt zur Insel Fünen nach Middelfart. Vor dem ausgezeichneten Abendessen bleibt noch etwas Zeit, das übersichtliche Städtchen zu erkunden, dann wartet das komfortable Bett…
Unterdessen beherrschen wir das tägliche Kofferladen perfekt und fahren los zu einem vielseitigen (Brücken-)Tag: zuerst erwartet uns der Märchenerzähler Hans Christian Andersen, oder besser gesagt sein Geburtsort Odense (ja: man spricht dies effektiv als OOOdense aus, korrigiert mich die Guide!). Auch hier wunderschöne Fachwerkbauten mit versteckten Innenhöfen, neben modernen aber zur Umgebung passenden Gebäuden. Dann geht die spannende Fahrt weiter durch Fünen, welche einen viel sandigeren Untergrund hat als Jütland. Ein weiteres Highlight ist die Fahrt über die imposante Storebælt-Brücke (die mit einer Hauptspannweite von 1624 Metern zu den längsten Hängebrücken der Welt gehört) auf die Insel Seeland mit der Hauptstadt Kopenhagen. Eine kurzweilige Stadtrundfahrt auf Schwyzerdütsch am Tivoli vorbei, wo Königin Margarethe ausgerechnet heute ihr 50-jähriges Thronjubiläum feiert und die Stadt in Feststimmung versetzt. Viel zu schnell müssen wir weiter, denn um zu guter Stunde unser nächstes Nachtquartier in Malmö zu erreichen, soll die Öresundbrücke passiert werden. Die im Jahr 2000 eingeweihte Verbindung zwischen Dänemark und Schweden wird täglich von über 17000 Autos und 200 Eisenbahnzügen benützt und bietet eine markante Verkürzung der Reisezeit nach Skandinavien. Auch hier nochmals ein Superlativ: die Verbindung über den Öresund ist zweiteilig. Von Kopenhagen her fährt man erst durch einen Tunnel, bevor die Brückenauffahrt zur weltweit längsten Schrägseilbrücke führt. Eine äusserst imposante Baute mit einmaliger Sicht zum grössten Offshore-Windpark Schwedens. Man staunt hier effektiv Bauklötze!
Das Hotel in Malmö liegt mitten an der Fussgängerzone, doch leider schliessen die Geschäfte samstags bereits um 17.00 Uhr. Also nur windowshoppen. Das Hotel-Restaurant mit der tollen Ambiance und dem exquisiten Dinnerbuffet entschädigt jedoch vollumfänglich für den entgangenen Einkaufsbummel in Schweden.
Wer schon jemals etwas vom Kriminalhelden Kurt Wallander des Schriftstellers Henning Mankell gehört hat, kommt heute auf seine Rechnung. Auf der Fahrt durch das südschwedische Skåne nach Ystad begegnen wir etlichen Handlungsorten seiner Geschichten. Leider reicht es nicht für eine fika (Kaffeepause mit Gebäck, typisch schwedisch…) in Wallanders Lieblingscafé Fridolfs Konditori, denn die Katamaran-Fähre nach Rügen wartet schon auf uns. In 2 ½ Stunden flitzen wir über die Ostsee nach Sassnitz, auf die grösste und bevölkerungsreichste Insel Deutschlands. Von den vielen Inselbewohnern bemerken wir allerdings nichts, denn unser Weg führt uns durch den geschützten Buchenwald im Nationalpark Jasmund zu den berühmten Kreidefelsen. Auf einem Waldspaziergang durch das dichte Buchenblätterdach zur Victoriasicht lässt sich der Königsstuhl, der bekannteste Kreidefelsen, gut bewundern. Etwas Geschichte muss sein, und weiter geht die Fahrt über Prora, dem gigantischen Bauprojekt aus den 1930-er Jahren, wo im angedachten «Kraft durch Freude»-Seebad Rügen 20000 Menschen gleichzeitig Ferien verbringen sollten! Von Binz herkommend erreichen wir wenig später über die Rügenbrücke die Hansestadt Stralsund. Ein gemütlicher Spaziergang durch die herausgeputzten Kopfsteingassen oder dem Hafen entlang endet mit einem Bier auf dem sonnigen Marktplatz.
Bereits steht die erste Reiseetappe südwärts an: nach 450 km und an Berlin vorbei erreichen wir Leipzig. Hier haben wir den ganzen Nachmittag für uns und können das gemäss Goethe genannte «Paris des Nordens» ausführlich und individuell erkunden. Erstaunlich viele Einkaufstaschen bereichern abends die Ablageflächen im Bus, war dies doch endlich einmal eine Gelegenheit zum gemütlichen Shopping. Allerdings liesse sich auch hier viel mehr Zeit für Erkundungen verbringen.
Die letzte Nacht im bequemen Leipziger Hotelbett, bevor die Koffer diesmal strategisch passend eingeladen werden müssen, damit dann alle Reisenden am richtigen Ausstiegsort den richtigen Koffer bekommen. Zuerst führt unsere Route via Bayreuth nach Nürnberg, wo wir wieder auf die A7, die längste Autobahn Deutschlands, stossen und über Ulm südlich zum Grenzübergang Au fahren, wo wir heimisches Terrain erreichen. Bald verabschieden sich die ersten Gäste in St. Gallen und die aufgestellte Teilnehmergruppe verkleinert sich laufend. Wir wären gerne noch länger zusammen auf Entdeckungsreise gewesen, aber vielleicht ergibt sich dies ja ein anderes Mal? Eine lange, jedoch vielseitige und interessante Tour mit einer tollen Gruppe und einem einmaligen Chauffeur kommt an ihr Ende und die Perlen sind nun auf der Schnur aufgereiht…
Es war mir ein grosses Vergnügen, euch auf dieser Reise zu begleiten. Herzlichen Dank!
Susann Bovay Flisch